Energieverbrauch fällt 2024 auf neuen Tiefststand

von Hubert Hunscheidt

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) rechnet mit einem Rückgang des Verbrauchs um etwa 1,7 Prozent auf 10.453 Petajoule (PJ) oder 356,7 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) gegenüber dem Vorjahr. Damit läge der Energieverbrauch in Deutschland aktuell um knapp 30 Prozent unter dem bisherigen Höchststand des Jahres 1990, als 14.905 PJ erreicht wurden. Die von der AG Energiebilanzen erstellte Jahresprognose basiert auf den vorliegenden Daten des laufenden Jahres und zeichnet sich für gewöhnlich durch eine hohe Genauigkeit aus.

Der Energieverbrauch in Deutschland wird sowohl von verbrauchssteigernden Faktoren wie auch von verbrauchssenkenden Entwicklungen bestimmt. Einen wesentlichen Anteil am Rückgang des Energieverbrauchs in diesem Jahr hat die stagnierende Konjunktur. Deutliche Rückgänge der Produktion im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe konnten durch den zuletzt wieder ansteigenden Energiebedarf in den besonders energieintensiven Industriezweigen nicht ausgeglichen werden.

Einsparungen beim Verbrauch von Primärenergien ergeben sich auch durch statistische Effekte im Zuge des Ausstiegs aus der Kernenergie und der Verdrängung von fossilen Energien durch Erneuerbare in der Stromerzeugung, da bei der Nutzung erneuerbarer Energien keine Umwandlungsverluste in Anrechnung gebracht werden.

Verbrauchssteigernde Effekte auf den Energieverbrauch gingen 2024 von der weiter zuneh-menden Bevölkerung sowie einer weiteren Abnahme des Energiepreisniveaus aus. Eine Zunahme des Energieverbrauchs war auch mit dem diesjährigen Schalttag verbunden. Insgesamt haben die verbrauchsreduzierenden Einflüsse die verbrauchssteigernden Effekte deutlich überstiegen, sodass sich der Energieverbrauch insgesamt weiter verringerte.

Die Entwicklung in den ersten drei Quartalen
Der Energieverbrauch in Deutschland ist bereits in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weiter gesunken. Nach vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) erreichte der inländische Primärenergieverbrauch in den ersten drei Quartalen eine Höhe von 7.538 PJ beziehungsweise 257,2 Mio. t SKE. Das waren 2,6 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Zuwächsen beim Erdgas und den Erneuerbaren standen Rückgänge bei Kohlen und Mineralöl gegenüber. Damit kam es zu einer überproportionalen Reduktion der Kohlenstoffintensität in der inländischen Energieversorgung.

Der Verbrauch von Mineralöl verminderte sich in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um 2 Prozent. Während der Verbrauch von Ottokraftstoff um 2 Prozent zunahm, kam es beim Dieselkraftstoff zu einem Rückgang um fast 4 Prozent. Der Absatz von Flugkraftstoff verringerte sich um etwa 13 Prozent. Die Lieferung von Rohbenzin an die chemische Industrie erhöhte sich dagegen um rund 9 Prozent. Der Absatz von leichtem Heizöl lag um knapp 6 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraums.

Der Erdgasverbrauch verzeichnete in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres ein Plus von 3,1 Prozent. Allerdings liegt die Nachfrage immer noch um fast zehn Prozent unter dem Durchschnittswert des Vergleichszeitraums der zurückliegenden zehn Jahre. Für den aktuellen Zuwachs könnte nach Ansicht der AG Energiebilanzen vor allem die im Laufe des Jahres wieder verbesserte Wettbewerbssituation des Energieträgers in den energieintensiven Industriezweigen verantwortlich sein. In der Stromerzeugung nahm der Erdgaseinsatz um knapp ein Prozent ab, bei der Fernwärmeversorgung kam es zu einem Plus von fast 3 Prozent.

Der Verbrauch von Steinkohle nahm in den ersten neun Monaten insgesamt um 15,2 Prozent ab. Der Einsatz von Steinkohle in Kraftwerken zur Stromerzeugung verzeichnete infolge einer insgesamt gesunkenen Stromerzeugung, einer gestiegenen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien sowie erhöhten Strombezügen aus den Nachbarländern ein Minus von 39 Prozent. Der Absatz an die Eisen- und Stahlindustrie erhöhte sich aufgrund der gestiegenen Roheisenproduktion um 2,7 Prozent.

Der Verbrauch von Braunkohle verzeichnete eine Abnahme um 14,5 Prozent. Der Rückgang bei der Produktion entsprach weitgehend der Entwicklung der Lieferungen an die Kraft- werke der öffentlichen Versorgung. In dieser Entwicklung spiegeln sich die steigende Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien sowie die Verringerung der Braunkohle-Stromerzeugungskapazitäten im Zuge des fortschreitenden Kohleausstiegs wider.

In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 wurden 19,6 Mrd. kWh (70,6 PJ) mehr Strom aus dem Ausland bezogen als umgekehrt aus Deutschland ins Ausland flossen. Der aktuelle Importüberschuss ist ein Zeichen für einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt. Höhere Stromimporte bedeuten weder eine Abhängigkeit vom europäischen Ausland, noch weisen sie auf inländische Knappheiten hin.

Der Beitrag der erneuerbaren Energien lag in den ersten drei Quartalen 2024 insgesamt um 2,6 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Diese Entwicklung beruht insbesondere auf einer Zunahme der Stromproduktion aus Wasserkraft, Photovoltaik sowie der Windenergie. Insgesamt stieg der Einsatz von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung um 7,4 Prozent. Bedingt durch die wärmere Witterung verringerte sich der Einsatz erneuerbarer Energien in der Wärmeerzeugung um etwa 5 Prozent.

Die deutlich erkennbaren Veränderungen in der Struktur des Energieverbrauchs, ins- besondere der weitere Rückgang des Verbrauchs von Kohlen, haben nach Einschätzung der AG Energiebilanzen nach Ablauf von drei Quartalen zu einer Einsparung der energiebedingten CO2-Emissionen von knapp 20 Millionen Tonnen (Mio. t) geführt, das entspricht einer Reduktion um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr rechnet die AG Energiebilanzen mit einem Rückgang um 3,3 Prozent.

Quelle und Grafik: AG Energiebilanzen e.V., c.o. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

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