Ende einer mehr als 450 Jahre andauernden Gießereitradition

von Hubert Hunscheidt

Insolvenzverwalter Dr. Dirk Herzig von Schultze & Braun prüft nunmehr noch die Möglichkeiten für eine Ausproduktion und steht hierzu mit den Kunden bereits in Kontakt.

Betroffen sind 90 Mitarbeiter, die der Insolvenzverwalter über das bevorstehende Aus informierte. „Auch wenn viele Beschäftigte schon damit gerechnet haben, ist die Bestürzung selbstverständlich groß“, berichtet Dr. Herzig. „Es ist ein Schritt, der niemandem leichtfällt und den ich persönlich sehr bedaure. Aber es war von Beginn an klar, dass ohne einen neuen Investor eine Sanierung nicht gelingen kann. Dafür waren die Ausgangsvoraussetzungen zu schlecht. Die Gesellschaft brauchte dringend einen neuen Investor, der auch eigene Umsätze mitbringt, da die Auslastung nach dem Wegfall der beiden größten Kunden zu gering war, um angesichts der Kostensituation ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen zu können.“

Nach Dr. Herzigs Einschätzung ist der Insolvenzantrag viel zu spät gestellt worden. „Es lagen bereits erhebliche Zahlungsrückstände vor und es gab nahezu keine verfügbare Liquidität zu Beginn des Verfahrens. Der Stromlieferant hatte wegen hoher Rückstände bei der Bezahlung bereits bei Insolvenzantragstellung das Abstellen des Stroms beantragt. Es gab Rückstände bei Löhnen und Gehältern, was unseren Spielraum zeitlich erheblich einschränkte, und es fehlte seit Längerem an wichtigem Versicherungsschutz. Bis heute konnte ich keinen Kontakt zum Geschäftsführer aufbauen, der sich nach meinen Kenntnissen auch überwiegend im Ausland aufhält“, berichtet der erfahrene Rechtsanwalt. „Wir konnten den Geschäftsbetrieb deshalb nur unter großen Anstrengungen im Team aufrechterhalten“, berichtet Dr. Herzig.

Die hohen monatlichen Verluste konnten allein durch den Umsatz mit Bestandskunden nicht aufgefangen werden, Neugeschäft konnte angesichts der jüngsten Unternehmenshistorie nicht gewonnen werden. Angesichts der anhaltend roten Zahlen ist es für den Insolvenzverwalter nicht möglich, die Produktion mittel- und langfristig aufrechtzuerhalten. „Wir haben im Team mit den Mitarbeitern alles unternommen, um trotz der sehr schlechten Ausgangssituation eine positive Lösung zu finden. Das war uns leider am Ende nicht vergönnt“, bedauert Dr. Herzig.

Die Verluste waren auch der Grund für den Rückzug des letzten potentiellen Investors. „Mit den erstellten Planungen für den Investor haben wir zwar aufzeigen können, unter welchen Prämissen das Unternehmen wieder in positive Zahlen gebracht werden kann. Allein die Zeit zur Umsetzung wäre dafür jedoch zu lang gewesen. Es hätte den Berechnungen zufolge rund zwei Jahre gedauert, bis sich das Eisenwerk durch die Verlagerung von zusätzlichen Umsätzen durch den Investor selbst getragen hätte. Das wollte der Investor am Ende nicht finanzieren“, so Herzig.

„Meine Bemühungen konzentrieren sich nun darauf, die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, möglichst schnell wieder in neue Beschäftigungsverhältnisse zu kommen. Hierfür habe ich zu verschiedenen Unternehmen auch bereits Kontakt aufgenommen. Die Gewerkschaft unterstützt mich hierbei ebenfalls nach Kräften“, so Herzig weiter. „Mein Dank gilt den Mitarbeitern, die bis zuletzt mit mir gemeinsam für einen Fortbestand gekämpft haben. Das am Ende die Hoffnung bei den Mitarbeitern immer mehr schwand, ist angesichts der Historie des Unternehmens mehr als verständlich.“

Die Eisenwerk Erzgebirge 1566 GmbH, vormals ES Automobilguss, ist eine traditionsreiche Gießerei, deren Wurzeln bis ins Jahr 1566 zurückverfolgt werden können. Ihre Kunden kommen aus der Automobilindustrie, der Baubranche, der Agrarwirtschaft und der Industrie (Armaturenbau). Die Ursache der wirtschaftlichen Schwierigkeiten reichen ins Jahr 2018 zurück als das Eisenwerk seinen damaligen Hauptkunden verlor. Im Zuge der Corona-Pandemie im Jahr 2020 verlagerte ein weiterer ausländischer Großkunde seine Aufträge.

Quelle und Foto: Schultze & Braun GmbH & Co. KG

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