Einführung des SAP-Systems hat Bewährungsprobe bestanden

von Hubert Hunscheidt

ArcelorMittal Dortmund hat bewegte 24 Monate hinter sich. Vor gut zwei Jahren wurde der Mittelständler (ehemals Dortmunder Blankstahl) von ArcelorMittal gekauft und aus der Insolvenz gerettet. Die 82 Arbeitsplätze beim Drahtverarbeiter konnten erhalten bleiben. Nach einer Konsolidierungsphase musste das nächste dicke Brett gebohrt werden: Die Einführung des konzernweiten SAP-Systems sollte Kunden und Mitarbeitende gleichsam auf eine Bewährungsprobe stellen. Jetzt ist das Projekt abgeschlossen und ein neuer Meilenstein erreicht.

Erst zwei Jahre zuvor war am Standort ein ERP-System eingeführt worden, an das sich die Mitarbeitenden gewöhnt hatten. Die Einführung von SAP, der Standard-Software von ArcelorMittal, war obligatorisch und Dortmund wurde in die erste Ausrollphase des cloudbasierten SAP S/4 HANA aufgenommen. Unterstützung erhielten die Kolleg*innen vor Ort vom konzerninternen SAP-Team (Business Center of Excellence (BCOE)), sowie einem Integrationsdienstleister, der die Materie einer Erstintegration versteht und darüber hinaus die Konzernstrukturen kennt. „Wer SAP kennt, weiß, dass es unheimlich viele neue Möglichkeiten bietet, aber eben komplex in der Handhabung ist. Wir mussten sehr schnell Geschwindigkeit aufnehmen“, sagt Geschäftsführer Robin Wichmann. Das Kernteam bestand aus zehn Personen. Mehrere „Key User“ schulten die Mitarbeitenden. „Bei uns ist es zum Beispiel so, dass selbst die Anlagenbediener das SAP-System mitbedienen, das ist ansonsten eher ungewöhnlich.“

Nach 17 Monaten musste der Vogel fliegen

Bis zum Go-Live am 12. Dezember 2022 vergingen nur 17 Monate. Das alte System wurde eingefroren und SAP begann zu laufen, anfangs stotternd, was keine große Überraschung war. Zu komplex ist die Software und zu kompliziert die Produktionsplanung in Dortmund im Hinblick auf spezifische Kundenwünsche. „Wir mussten wie ein kleiner Vogel aus dem Nest springen und sofort losfliegen. Dass bei einer solchen Systemumstellung nicht alles sofort zu 100 Prozent funktioniert, muss berücksichtigt werden.“ Wichmann und sein Team hingen viel am Telefon, sprachen mit Kunden, besänftigten oder vertrösteten sie, fanden aber meist eine Lösung für auftretende Kommunikationsprobleme. „Die Zeit war eine große Bewährungsprobe für das gesamte Team, aber in erster Linie für unsere Kunden. Die, die selbst ihre Erfahrungen mit SAP gemacht hatten, haben verständnisvoll reagiert. Insgesamt mussten wir viele Gespräche führen und schauen, dass wir im Boot bleiben“, erzählt Milena Dietzen, Teamleitung Ordermanagement in Dortmund und verantwortlich für den Kundenservice.

Ob bei Tag, bei Nacht oder am Wochenende: Das Projektteam versuchte, die „vielen Kleinigkeiten“ auszumerzen. Der Konzern unterstützte dabei auch personell, aus Luxemburg oder von deutschen Standorten. Bis April dauerte die Phase, viel Schweiß wurde vergossen. Der Geschäftsführer zieht trotzdem ein positives Fazit. „Ein großes Lob an mein Team, wir haben – bei allen Problemen – die Umstellung unglaublich schnell geschafft. Es war beeindruckend, mit welcher Geschwindigkeit die Fehler ausgemerzt werden konnten. Wir dürfen das schon als einen Erfolg feiern“, betont Wichmann.

Schnellere Produktion dank kürzerer Lieferkette

Der frühere Leiter der überbetrieblichen technischen Dienste bei ArcelorMittal Duisburg sieht jetzt die Vorteile, die das SAP-System mit sich bringt, dazu gehören eine bessere Datenauswertung und -verfügbarkeit, um im Umkehrschluss wertvollere Schlussfolgerungen treffen zu können. Wann ist die Produktion des Vormaterials fertig, wann geht es in den Transit und wie schnell lassen sich die eigenen Kunden beliefern? Allesamt Fragen, deren Antworten nun auf Basis der gesammelten Daten ​im Handumdrehen zur Verfügung stehen. Diese Reaktionsschnelligkeit ist gerade in der jetzigen, konjunkturell schwachen Phase gefragt, wo Kunden eher verhalten reagieren und kurzfristig bestellen. „Da kommt uns die Kooperation mit dem Duisburger Stahlwerk sehr entgegen. Wir haben eine kurze Lieferkette und können sehr stark kundenspezifisch und schnell produzieren“, erklärt Wichmann.

Die erfolgreiche SAP-Implementierung habe die Belegschaft generell noch mehr zusammengeschweißt, auch für das, was in der Zukunft noch kommt, ist sich Wichmann sicher. Denn
nach der Software-Umstellung richtet sich der Blick nun auf die Qualitätskontrolle. Neben den bereits laufenden Wirbelstromprüfungen zum Ausschließen der Oberflächenfehler wird in der zweiten Jahreshälfte eine Ultraschallprüfung hinzukommen, mit der Produkte mit eventuellen Innenfehlern erkannt und aussortiert werden können – insbesondere relevant für Kunden aus dem Automobilbereich und für Bauteile von Hydrauliksystemen. „Da geht es um Teile mit komplizierten Geometrien und mit hohen technischen Anforderungen. Das wird noch mal ein echter Gewinn für uns“, gibt sich Wichmann zuversichtlich.

ArcelorMittal Dortmund

ArcelorMittal Dortmund (vormals Dortmunder Blankstahl) ist ein etablierter Hersteller von Blankstahl und Blankstahlerzeugnissen und fertigt in verschiedenen Abmessungen und Qualitäten auf einer Gesamtproduktionsfläche von 70 000 Quadratmetern. An neun kombinierten Ziehlinien mit iintegrierter Oberflächenprüfung werden warmgewalzte Stahldrähte in Ringen zu Stangen verarbeitet. Zum Kundenkreis zählen vor allem Drehereien, über die indirekt z.B. die Automobilindustrie beliefert wird. ArcelorMittal Dortmund beschäftigt 82 Mitarbeitende.

Bildtext: Haben nach erfolgreichem Abschluss gut lachen: die Mitglieder des Kernteams des SAP-Projekts, von links: Jan Kleinemeyer, Andreas Kari, Sven Klare, Natalia Dillmann, Stefan Gremme, Gregor Warnke, Cagdas Dag, Milena Dietzen und Dirk Fretwurst. Nicht auf dem Bild sind Thorsten Krause, Teamleiter Produktionsplanung, und IT-Projektkoordinator Michael Hegemann.

Quelle und Foto: ArcelorMittal Germany Holding GmbH

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