Durch Prozessoptimierung zu weniger CO2-Ausstoß
von Hubert Hunscheidt
Die digitale Simulation von Produktionsprozessen ist einer der Schlüsselfaktoren für die Erreichung der vollständigen Dekarbonisierung bis 2039, die sich die GMH Gruppe zum Ziel gesetzt hat. Einst Vorreiter unter den mittelständischen Unternehmen beim Aufbau einer eigenen Simulationsabteilung, kann GMH heute schon von signifikanten Einsparungen profitieren. Durch Simulation konnte GMH seine Prozesse effizienter machen und damit einerseits CO2-Emissionen reduzieren sowie die Verbräuche von Primär- und Sekundärenergie wie etwa Strom und Kohle senken.
Weniger Emissionen durch Simulation
Die Dissertation eines Metallurgie-Experten gab den Anstoß zur gezielten Erprobung neuer Schemata der Kohlezufuhr für Produktionsprozesse im Elektrolichtbogenofen der Georgsmarienhütte. Diesen hatte das Unternehmen als Vorreiter einer nachhaltigen Stahlproduktion bereits vor gut 30 Jahren anstelle der herkömmlichen Hochofenroute eingeführt. Dafür werteten die Experten des Simulationsteams in enger Abstimmung mit der Fertigung Daten historischer Produktionschargen mittels Machine Learning-Verfahren aus – und generierten so wertvolle Prognosen für künftige optimierte Möglichkeiten bei Produktionsabläufen. So konnten neue Schemata definiert und in nurmehr wenigen Betriebsversuchen bestätigt werden.
Die validierten Ergebnisse setzten so den Standard für eine energieeffizientere und damit umweltfreundlichere Stahlproduktion bei GMH. Mit den neuen Prozessen werden nun signifikante Einsparungen in der Stahlproduktion realisiert: Je Tonne Flüssigstahl werden nun zehn Kilowattstunden weniger Schmelzstrom verbraucht und rund fünf Kilogramm weniger Kohle. Allein diese Optimierungen verringern die CO2-Emissionen um 14,7 Kilogramm pro Tonne produzierten Flüssigstahls.
„Mit solchen Projekten stellen wir die Weichen für die Zukunft, um GMH schon heute so zu positionieren, dass wir auch in 20 Jahren noch konkurrenzfähig sind. Dabei spielt die digitale Transformation eine zentrale Rolle. Das haben wir als eines der ersten mittelständischen Stahlwerke erkannt und werden diesen Weg auch sukzessive weitergehen“, sagt Dr. Alexander Becker, CEO der GMH Gruppe.
Folgeprojekte für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit
Dies gilt umso mehr, als die Erfahrungen aus diesem Projekt für den eingeleiteten Umstieg auf biogene Kohle genutzt werden. Im laufenden Jahr möchte GMH das Ziel der Produktion von 60.000 Tonnen seines CO2-reduzierten Qualitätsstahl „Green Power Premium“ erreichen. Der Einsatz von biogener Kohle spielt dabei eine entscheidende Rolle für die GMH Gruppe. In Kombination mit dem Einsatz erneuerbarer Energien für den Betrieb der Elektrolichtbogenöfen kann GMH die CO2-Emissionen auf nur noch 0,05 Tonnen CO2 pro erzeugter Tonne Stahl reduzieren – im Vergleich zu etwa zwei Tonnen bei der herkömmlichen Hochofenroute.
Präzise Vorhersagen sind entscheidend
Die Abteilung ist jedoch nicht nur auf die Kohlezufuhr oder Ofenfahrweisen spezialisiert. Sie deckt in ihren Projekten die gesamte Breite der Stahlherstellung und Weiterverarbeitung ab, wie etwa die Simulation von Strömungen, Erstarrung, Umformung, Thermodynamik sowie den logistischen Materialfluss und chemische Prozesse.
Den größten Hebel für Einsparungen bieten energieintensive Prozesse, etwa das Gießen in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen, sowie das Walzen und Schmieden. Die große Herausforderung: Eine wirklich zielführende Simulation muss sehr exakt sein, damit nurmehr wenige praktische Versuchsabläufe während des Regelbetriebs der Anlagen für das gewünschte Ergebnis benötigt werden.
Ein starkes Team mit kompetenten Partnern
Das Ganze funktioniert nur mit starken Partnern – sowohl intern als auch extern. Die Mitglieder des Simulationsteams ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten an der Schnittstelle zwischen Ingenieurswissen, Expertise in Werkstoffen und Produktionsprozessen. Es ist ein internationaler Schmelztiegel der Kompetenzen von Metallurgie über Strömungsmechanik und Umformung bis hin zur Verfahrenstechnik. Es kommt einzig und allein auf die Expertise und die Fähigkeit zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit an. Das Team steht in seinen Projekten stets im engen Austausch mit der eigentlichen Stahlproduktion und setzt auch auf externe Partner für Spezialsoftware-Lösungen und Hardwarespezialisten, die Hochleistungsinfrastrukturen liefern.
Quelle und Bild: Georgsmarienhütte GmbH