Direktinvestitionen: Hohe Abflüsse deuten auf Deindustrialisierung hin
von Hubert Hunscheidt
Nur rund 22 Milliarden Euro haben ausländische Unternehmen im Jahr 2023 in Deutschland investiert – so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Insgesamt lagen die Netto-Abflüsse im vergangenen Jahr bei 94 Milliarden Euro. Der Wert gibt die Differenz zwischen Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und ausländischer Unternehmen in Deutschland an. Nur in den beiden Vorjahren, 2021 (100 Milliarden Euro) und 2022 (125 Milliarden Euro), war mehr Geld aus Deutschland abgeflossen. Die wiederholt hohen Netto-Abflüsse deuten darauf hin, dass es sich nicht um Ausnahmeerscheinungen, sondern um erste Symptome einer Deindustrialisierung handelt. In der Tat lag die Produktion im produzierenden Gewerbe im Dezember 2023 deutlich unter den Werten von 2015.
Wo fließt das Geld hin?
Zwar sind die Direktinvestitionen derzeit weltweit rückläufig, nicht allerdings in der EU: In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 stiegen die Zuflüsse hier um 120 Prozent – auch aus Deutschland: Rund 90 Milliarden Euro, also etwa zwei Drittel aller Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen, flossen zuletzt in EU-Mitgliedsländer, vor allem in die Benelux-Staaten und nach Frankreich. Innerhalb der deutschen Grenzen investierten die ausländischen Unternehmen hingegen kaum. Und wenn sie es doch taten, handelte es sich oft um kleinere Zukäufe oder Projekte – ein Hinweis auf die ungünstigen Standortbedingungen im globalen Wettbewerb.
Der Standort Deutschland ist zu unzuverlässig
„Die Politik macht es für Unternehmen alles andere als attraktiv, in Deutschland zu investieren“, sagt IW-Ökonom Christian Rusche. Dazu zähle, dass Förderprogramme wiederholt und quasi über Nacht gestoppt würden. Die Politik müsse die Investitionsbedingungen drastisch verbessern „Bleiben die politischen Rahmenbedingungen so, wie sie sind, könnte sich die Deindustrialisierung stark beschleunigen“, so Rusche.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / Foto: Fotolia