DIHK fordert: EU-Zollreform praxisnäher gestalten
von Angelika Albrecht
Weniger Papier, schlankere Verfahren? Das europäische Zollwesen soll und muss dringend reformiert werden. An dem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission vermisst die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) allerdings in einigen Punkten Praxistauglichkeit und Verhältnismäßigkeit.
Der Handlungsdruck ist enorm, vor allem in den Bereichen Digitalisierung, Harmonisierung und Vereinfachung: Stark gestiegene Sendungszahlen und zahlreiche zusätzliche Vorschriften stellen die Zollabfertigung in Europa vor massive Herausforderungen. Allein das Aufkommen an Standardzollanmeldungen habe sich zwischen 2019 und 2021 verdoppelt, meldet die EU-Kommission.
Vor diesem Hintergrund hat sie einen Reformvorschlag vorgelegt. Die DIHK beteiligt sich an der aktuellen Konsultation mit einer Stellungnahme, in der sie neben einer deutlichen Vereinfachung der bestehenden EU-Zollvorschriften und des EU-Zolltarifs auch eine Entlastung von zusätzlichen Auflagen fordert. Schließlich ist die effiziente und möglichst reibungslose Abfertigung internationaler Warenströme durch die europäischen Zollverwaltungen für die deutsche Wirtschaft von erheblicher Bedeutung.
Entlasten durch Vereinfachen
Doch obwohl die Zollreform mit einer Überlastung der EU-Zollverwaltungen begründet wird, enthält sie keine Vorschläge zur Vereinfachung des Unionszollkodex und der Durchführungsbestimmungen. Die DIHK vermisst etwa Ansätze zur Entlastung von zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (Authorized Economic Operators, AEO) und sieht die Chance zur Vereinfachung der komplexen EU-Zolltarife, zur Reduzierung von Zolltariflinien und der Zahl von Zollsätzen nicht ausreichend genutzt. In ihrer Stellungnahme mahnt sie praxistauglicher und verhältnismäßiger gestaltete Regelungen an. Beispielsweise sei die geplante Verkürzung der vorübergehenden Verwahrungsdauer von derzeit 90 auf 3 beziehungsweise 6 Tage in der Praxis vielfach nicht umsetzbar. Auch müsse die nur für den E-Commerce vorgesehene Vereinfachung von Zollsätzen auf alle Importeure ausgedehnt werden.
Bei der umstrittenen Abschaffung der 150 Euro-Schwellenwertfreigrenze für Waren wögen die negativen Effekte des Mehraufwandes und die positiven Einflüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit einander auf, befürchtet die DIHK. "Mit zahlreichen Problemen verbunden" sieht sie zudem die Einführung eines "Trust and Check Wirtschaftsbeteiligten". Zielführender und vertrauensbildender wäre nach ihrer Einschätzung die Weiterentwicklung des bestehenden AEO-Konzepts. Und nicht zuletzt seien die nicht strafrechtlichen Mindestsanktionen "zu hoch und unverhältnismäßig".
Einheitliche Anmeldungen richtig ausgestalten
Positiv bewertet die DIHK dagegen das Ziel der EU-Zollreform, ein datengesteuertes Konzept vorzulegen, das den Zoll mithilfe künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens entlastet. So könne etwa der Ansatz, mit dem neuen EU-Data-Hub Zollanmeldungen EU-weit zu vereinheitlichen, zur Entbürokratisierung beitragen und Effizienzgewinne ermöglichen – die richtige Ausgestaltung vorausgesetzt.
Die Schaffung einer neuen EU-Zollbehörde, die nur koordinierende Tätigkeiten übernehmen soll, während die nationalen Zollbehörden erhalten bleiben, berge dagegen "das Risiko einer zusätzlichen Bürokratieschicht mit schwierigen Zuständigkeitsabgrenzungen", warnt die DIHK. Eine solche Behörde müsse so ausgestaltet werden, dass sie europaweit Effizienzgewinne bewirke.
Die Stellungnahme vom 7. November mit allen Details gibt es hier zum Download:
Bereits im Februar hatte die DIHK in einem Ideenpapier 22 konkrete Vorschläge zusammengestellt, wie eine Zollrechtsreform die Wirtschaft entlasten könnte.
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