Digitale Produktionsplattform für nachhaltige und energieeffiziente Stahlproduktion
von Hubert Hunscheidt
Der Wandel zu einer umweltfreundlichen und kohlenstoffarmen Stahlerzeugung in Europa bedarf einer beachtlichen Umgestaltung und Restrukturierung der Stahlproduktionsprozesse. Dies betrifft insbesondere die Implementierung neuer, innovativer Stahlerzeugungswege. Für die Planung und Steuerung dieser enormen Herausforderungen sowie die Sicherstellung einer nachhaltigen Stahlproduktion soll im Rahmen des EU-Vorhabens »DiGreeS«* – unter Federführung des Fraunhofer IZFP – mit insgesamt 11 europäischen Partnern aus Industrie und Forschung eine benutzerfreundliche digitale Plattform für die vernetzte Stahlproduktion entwickelt werden. Die europäische Union fördert das Projekt mit 5 Millionen Euro.
Er ist überall präsent und wir sind alle schon mit ihm in Berührung gekommen: Der Werkstoff-Allrounder »Stahl«. Dieser ist beispielsweise in Autos, Schiffen, Brücken, Hochhäusern, Werkzeugen sowie Haushaltsgeräten zu finden und nicht mehr wegzudenken. Die Produktion dieses »Allround-Talents« belastet aktuell jedoch erheblich unser Klima, insbesondere durch die hohen CO₂-Emissionen und den enormen Energieverbrauch, der für die gesamte Stahlproduktion benötigt wird.
Nachhaltige und digitale Stahlproduktion
Im Rahmen des EU-Vorhabens DiGreeS, welches im November 2024 startet, soll eine benutzerfreundliche digitale Plattform für die vernetzte Stahlproduktion entwickelt werden. Ziel des 3,5-jährigen Projekts ist die Implementierung eines integrierten Digitalisierungsansatzes für die Stahlwertschöpfungskette: So soll beispielsweise eine verbesserte Nutzung der entlang der Prozesskette gesammelten Industriedaten auf Grundlage neuartiger und »softer« Sensoren ermöglicht werden.
Optimierte Produktqualität, weniger CO₂-Emissionen, niedriger Energieverbrauch, niedrigere Kosten
Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen umfassende digitale Zwillinge entwickelt werden, um die effiziente Verifizierung des Stahlschrotts, die Echtzeitsteuerung der Rohstahlproduktion im Elektrolichtbogenofen und die Qualität der Zwischen- und Endprodukte zu verbessern und die Prozessausbeute zu erhöhen. In diesem Zusammenhang wird auch das Potenzial von Technologien der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens voll ausgeschöpft werden, um die optimale Nutzung von Prozessdaten zu unterstützen. Dabei werden verschiedene Szenarien für drei verschiedene Anwendungsfälle modelliert: Die eingesetzten innovativen Digitalisierungslösungen sollen die Produktqualität der Stahlerzeugnisse, die Rohstoff- und Energieeffizienz des Herstellungsprozesses steigern und damit ihre Kreislauffähigkeit erhöhen. Gleichzeitig zielt die digitale Plattform darauf ab, die CO₂-Emissionen der Stahlindustrie um bis zu 6 Mio. Tonnen pro Jahr zu reduzieren und jährliche Kosten von bis zu 800 Mio. € einzusparen.
DiGreeS-Konsortium
Das Konsortium verfügt über elf Partner aus Industrie und Forschung:
- Fraunhofer-Gesellschaft e. V.: Fraunhofer IZFP (federführende Koordination) (DE)
- K1-MET GmbH (AT)
- HUN-REN SZTAKI - Szamitastechnikai es automatisalasi kutatointezet (HU)
- VDEh-Betriebsforschungsinstitut GmbH (DE)
- Fraunhofer Austria Research GmbH (AT)
- SPECTRAL Industries BV (NL)
- Tata Steel Nederland Technology BV (NL)
- Saarstahl AG (DE)
- voestalpine Steel & Service Center GmbH (AT)
- voestalpine group-IT GmbH (AT)
- ESTEP plateforme technologique européenne de l’acier (B)
Das Projekt »DiGreeS« wird von der Europäischen Union unter »Grant Agreement ID: 101178079« gefördert.
* Demonstration of digital twins for a green steel value chain
Quelle: Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP / Foto: marketSTEEL