Mit Differenzverträgen zu schnellem Ausbau der Erneuerbaren Energien

von Hubert Hunscheidt

Um die Ausbauziele der Ampelkoalition zu erreichen, muss der jährliche Zubau bei der Photovoltaik verdreifacht, bei der Windkraft an Land sogar vervierfacht werden. Differenzverträge („Contracts for Difference“) sind ein kosteneffizientes Instrument, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern und damit verbundene Risiken zu minimieren. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Differenzverträge bieten den Vorteil, dass sie nicht nur die Stromproduzenten vor fallenden, sondern auch StromkundInnen vor steigenden Strompreisen schützen. Wenn die Bundesregierung ihre Ausbauziele für Erneuerbare erreichen will, sollte sie die bereits etablierte gleitende Marktprämie zu Differenzverträgen weiterentwickeln“, sagt Karsten Neuhoff, Koautor und Leiter der Abteilung Klimapolitik im DIW Berlin.

Wie funktionieren Differenzverträge für erneuerbare Energien?

Bei der Umsetzung von Projekten im Bereich der Erneuerbaren sorgen Differenzverträge dafür, dass die stark von Fremdkapital abhängigen ProjektentwicklerInnen verlässlich kalkulieren können. Zugleich erlauben sie bei steigenden Strompreisen eine Entlastung der EndkundInnen. In Ausschreibungen für Photovoltaik- oder Windkraftanlagen wird der Vertragspreis für den mit den Anlagen produzierbaren Strom ermittelt, das kostengünstigste Angebot erhält den Zuschlag für einen über 20 Jahre gültigen Differenzvertrag. Im Kern enthält der Vertrag folgende Vereinbarung: Liegen die Strompreise in diesem Zeitraum unterhalb des Vertragspreises, erhalten die AnlagenbetreiberInnen einen Ausgleich. Liegen sie höher, sind sie vertraglich verpflichtet, den Mehrerlös abzugeben.

„Dies sorgt dafür, dass der Wettbewerb zwischen den BieterInnen vornehmlich an deren Kosten orientiert ist. Auf diese Weise schaffen Differenzverträge Stabilität für die notwendigen Investitionen in die Transformation unseres Energiesystems“, resümiert Koautor Mats Kröger.

Festhalten an gleitender Marktprämie birgt Nachteile für Kundenseite

Aktuell werden beinahe alle Windkraft- und zwei Drittel der Photovoltaik-Anlagen über die sogenannte gleitende Marktprämie finanziert. Auch dieses Instrument sichert Stromproduzenten gegenüber einem Preisverfall ab. Anders als bei den Differenzverträgen sind StromkundInnen jedoch nicht vor Preisanstiegen geschützt, da mögliche Zusatzerlöse von den Unternehmen einbehalten werden. Dies hat zur Folge, dass der Wettbewerb in den Ausschreibungen weniger stark von den Kosten der Unternehmen bestimmt ist, sondern davon, wie die Unternehmen die Chancen auf zukünftige Gewinne auf dem Strommarkt einschätzen. Die Unternehmen gehen daher bei hohen Strompreisen dazu über, die unsicheren und damit risikobehafteten Erlöse in ihre Gebote einzupreisen. Dadurch deckt die Marktprämie, also der Preis, unterhalb dem die AnbieterInnen einen Ausgleich erhalten, ihre Kosten oftmals nicht mehr vollständig ab.

Diese Risiken werden auch von den Finanzierungspartnern wahrgenommen und berücksichtigt. Durch die erhöhten Finanzierungskosten steigen die Stromerzeugungskosten um bis zu 30 Prozent. Die Forscher weisen zudem auf die Gefahr hin, dass jene Unternehmen, die auf weiterhin hohe Strompreise spekulieren, ihre Projekte bei sinkenden Strompreisen nicht mehr realisieren können und der Ausbau der Erneuerbaren Energien dadurch ausgebremst werden könnte.

Auch den Vorschlag, allein auf privatwirtschaftliche Langfristverträge („PPAs“) zwischen ProjektentwicklerInnen und StromgroßkundInnen zu setzen, bewerten die Forscher kritisch, da sie nur für einen sehr kleinen Anteil der Nachfrageseite in Frage kämen. Die Ausbauziele für erneuerbare Energien könnten so nicht erreicht werden.

„Wären in der Vergangenheit Differenzverträge statt der gleitenden Marktprämie vergeben worden, hätten StromkundInnen von Januar bis Juli rund fünf Milliarden Euro eingespart. “ Jörn Richstein

StromkundInnen könnten mit Differenzverträgen bis zu 800 Millionen Euro pro Jahr sparen

Die mit Differenzverträgen niedrigen Finanzierungskosten würden sich auch im Geldbeutel der EndkundInnen bemerkbar machen. Für diese würde der Strom aus Erneuerbaren im Jahr 2030 im Durchschnitt um bis zu 800 Millionen Euro billiger werden als im aktuellen Fördersystem mit gleitender Marktprämie. Ebenso wäre die Kundenseite vor extremen Preisanstiegen geschützt, wie sie momentan zu beobachten sind.

„Wären in der Vergangenheit Differenzverträge statt der gleitenden Marktprämie vergeben worden, hätten StromkundInnen von Januar bis Juli rund fünf Milliarden Euro eingespart“, erklärt Koautor Jörn Richstein mit Blick auf die momentane Extremsituation am Strommarkt. „Wenn die Großhandelspreise so bleiben wie aktuell erwartet, würden sie bis Jahresende weitere 15 Milliarden Euro einsparen.“

Quelle und Grafik: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) / Foto: marketSTEEL

Zurück