Deutschland führend bei klimafreundlichen Innovationen
von Hubert Hunscheidt
Deutsche Unternehmen haben bei klimafreundlichen Technologien auf ihrem Heimatmarkt eine führende Stellung. Gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland liegen deutsche Firmen, Forschungseinrichtungen und freie Erfinderinnen und Erfinder sowohl bei erneuerbaren Energien als auch in Technologien, die einer klimaschonenden Mobilität dienen, an der Spitze. Insgesamt betrachtet unterscheidet sich die Innovationsdynamik beider Technikbereiche allerdings deutlich: Während die Innovationstätigkeit bei Elektromobilität und alternativen Energieträgern in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, stagniert die Entwicklung bei der alternativen Energieerzeugung seit Jahren und liegt deutlich unter den Wert von 2012. Im vergangenen Jahr ging die Zahl der vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und vom Europäischen Patentamt (EPA) veröffentlichten Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht zurück.
Die Daten sind Teil einer Analyse, die das DPMA anlässlich seiner Fachkonferenz DPMAnutzerforum 2022 im März durchgeführt hat. Für die Veranstaltung, die in diesem Jahr pandemiebedingt als Online-Konferenz stattfand, hatten sich rund 1000 Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft sowie von Anwaltskanzleien und Schutzrechtsdienstleistern angemeldet. Neben den neuesten Entwicklungen zu den Schutzrechten Patent, Gebrauchsmuster, Marke und Design waren die Themen Mobilität und klimafreundliche Energietechnologien Schwerpunkte der Veranstaltung.
DPMA-Präsidentin: Ermutigendes Signal im Automobilbereich
„Angesichts der technologischen Umbrüche in der Automobilindustrie ist das Ergebnis unserer Analyse im Bereich der alternativen Antriebstechniken ein ermutigendes Zeichen“, sagte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer. „Klar ist aber: Auch für die Elektromobilität brauchen wir sauberen Strom. Beim Kampf gegen den Klimawandel spielt die Art der Energieerzeugung eine Schlüsselrolle. Zudem zeigt die aktuelle politische Lage, dass wir unabhängiger von fossilen Energieträgern werden müssen. Deshalb ist auch bei den erneuerbaren Energien wieder mehr Innovationsdynamik notwendig. Technologieführerschaft auf diesem Gebiet verspricht enorme wirtschaftliche Chancen für Deutschland als Exportnation. Und sie ist ein wichtiger Beitrag zur Energiesouveränität Deutschlands und Europas.“
Unter den Technikbereichen, die für die Elektromobilität zentral sind, hat die Zahl der Erfindungen bei der Batterietechnologie besonders stark: Im vergangenen Jahr veröffentlichten DPMA und EPA hier 3.374 Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland und damit 110,6 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Gleichzeitig gab es 920 Veröffentlichungen zu Brennstoffzellen – ein Plus von 36,3 Prozent im Vergleich zu 2012. Dabei wurden die einschlägigen IPC-Gebiete für Batterie- und Brennstoffzellentechnologien allgemein, also nicht nur auf Automobiltechnik beschränkt, betrachtet. Auch bei Elektroantrieben war die Innovationsdynamik groß: 684 Patentanmeldungen wurden dazu im Jahr 2021 veröffentlicht, 50,0 Prozent mehr als vor zehn Jahren.
Ein relativ neues Entwicklungsfeld für eine klimaschonende Mobilität sind sogenannte E-Fuels, synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, zu deren Herstellung elektrischer Strom verwendet wird. Wenn dieser Strom aus erneuerbaren Energien stammt und das notwendige CO2 aus der Atmosphäre entnommen wird, können Motoren damit klimaneutral betrieben werden. Auch hier entwickelten sich die Anmeldungen über die vergangenen Jahre deutlich ansteigend, die Zahl der Veröffentlichung ist aber noch vergleichsweise gering (2021: 59). Die Anmeldezahlen zu Verbrennungsmotoren an sich sind dagegen seit 2016 stark rückläufig.
Batterietechnik: Immenser Zuwachs an chinesischen Patentanmeldungen
In allen untersuchten Technikbereichen zur Mobilität liegt Deutschland auf Platz 1 der anmeldestärksten Länder. Die Tendenzen sind in den einzelnen Bereichen aber unterschiedlich: Während bei Batterien (- 7,3 Prozent) und beim Elektronantrieb (- 4,9 Prozent) 2021 im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufige Zahlen zu verzeichnen sind, steigen die Zahlen für Brennstoffzellen stark (+ 89,8 Prozent). Die Hälfte aller im vergangenen Jahr veröffentlichten Patentanmeldungen zu Brennstoffzellen (49,7 Prozent) und zum E-Antrieb (50,7 Prozent) kommt aus Deutschland. Auffällig im Länder-Ranking ist unter anderem, dass die Veröffentlichungen aus China im immens wichtigen Bereich Batterien 2021 im Jahresvergleich stark zugenommen haben (+ 59,3 Prozent).
Im Hersteller-Ranking liegt bei der Batterietechnologie die Bayerische Motoren Werke AG (BMW) als einziges deutsches Unternehmen und einziger Automobilhersteller unter den Top 5 (Rang 4). Sonst finden sich dort nur asiatische Hersteller. Bei Brennstoffzellen führen die Robert Bosch GmbH und die AUDI AG die Liste an. Bei E-Antrieben sind in den Top 5 nur deutsche Unternehmen vertreten. Hier liegt AUDI auf Platz 1 vor Bosch. Es folgen BMW, die VOLKSWAGEN AG und die Daimler AG.
Erneuerbare Energien: Einbruch an Innovationen im Zehn-Jahres-Vergleich
Auch bei den betrachteten erneuerbaren Energien hat Deutschland im Länder-Ranking für die vergangenen drei Jahre eine führende Position. In der Solartechnik, in der Wasserkraft und bei den sonstigen regenerativen Energiequellen wie Erdwärme und Biogas liegt das Land auf Platz 1. Im mit Abstand anmeldestärksten Technikgebiet Windkraftmaschinen führt allerdings Dänemark das Ranking an; Deutschland liegt hier auf dem zweiten Platz.
Bei den Herstellern wird das Ranking bei Windkraftmaschinen für die vergangenen drei Jahre von den beiden in Dänemark ansässigen Unternehmen Siemens Gamesa Renewable Energy A/S und Vestas Wind Systems A/S angeführt, gefolgt von der amerikanischen General Electric Company und den beiden deutschen Unternehmen Wobben Properties GmbH und Servion GmbH. Bei der Solartechnik liegt das französische Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives vorne. Deutsche Hersteller finden sich nicht unter den Top-5. Bei den anderen Technologien ist die Zahl der Patentanmeldungen pro Hersteller so gering, dass auf ein Ranking verzichtet wurde.
Insgesamt liegt das Anmeldeniveau bei den erneuerbaren Energien deutlich niedriger als vor zehn Jahren. Wurden 2012 noch 2.246 Patentanmeldungen auf dem Gebiet veröffentlicht, so waren es 2021 nur noch 1.099 (- 51,1 Prozent). Besonders stark ins Gewicht fällt der Rückgang in der Solartechnik mit einem Minus von 62,3 Prozent. Seit 2016 stagniert die jährliche Zahl veröffentlichter Anmeldungen zu erneuerbaren Energien bei 1.100 bis 1.200. Mögliche Gründe dafür könnten die im Vergleich zu früheren Jahren schlechteren wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sein. Auch internationale Patentanmeldungen bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum zu erneuerbaren Energien waren zuletzt rückläufig.
Quelle und Foto: Deutsches Patent- und Markenamt