EMI im Minus. Deutsche Industrie weiter schwach
Eschborn - Wie BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.) berichtet, setzt die deutsche Industrie ihre Schwächephase zum Jahresauftakt 2019 fort. Der Grund liegt in dem starken Rückgang bei den Neuaufträgen. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der Umfrage zum IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI). Wie der englische Finanzdienstleister IHS Markit mitteilt, rutschte der wichtige Frühindikator für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland mit 49,7 Punkten (51,5 im Dezember 2018) im Januar erstmals seit über vier Jahren knapp unter die Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten.
Unsicherheit bei den Kunden, Handelskonflikte sowie die schwächelnde Automobilindustrie seien nach wie vor die Hauptgründe, die nicht nur die Nachfrage bremsten, sondern auch die Geschäftsaussichten sowohl der Global Player als auch der KMU trübten. Des Weiteren schwächte sich die Inflationsrate der Einkaufspreise im Januar weiter ab und fiel auf den tiefsten Stand seit über zwei Jahren. Ausschlaggebend hierfür waren laut IHS Markit unter anderem die Verbilligung einiger Rohstoffe sowie der geringere Bedarf im Einkauf.
„Die sinkende Industrieproduktion der vergangenen Monate sollte nicht allzu kritisch bewertet werden. Zwar ist die Hochkonjunkturphase wohl erst einmal vorbei, dennoch sind die Auftragsbücher der meisten Unternehmen weiterhin gut gefüllt“, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) am Dienstag in Eschborn.
„Zum Jahresanfang ist die Stimmung in der deutschen Industrie laut EMI noch einmal schlechter ausgefallen. Dies sollte aber nicht als Vorbote für das Gesamtjahr 2019 gewertet werden“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Dienstag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Vielmehr seien die Chancen hoch, dass bereits im nächsten Monat mit einem wieder höheren Wert zu rechnen ist. Die starke Erholung der Aktienmärkte, die Handelsgespräche zwischen den USA und China, der geld- und fiskalpolitische Stimulus in China sowie der niedrige Ölpreis sorgten für Rückenwind. „Im Jahresdurchschnitt dürfte das deutsche BIP mit rund 1,5 Prozent etwa genauso hoch ausfallen wie im Vorjahr. Den deutschen Aktienmarkt sehen wir im Verlauf des Jahres aufgrund der zu erwartenden konjunkturellen Erholung und derzeit niedrigen Bewertung wieder über 13.000 Indexpunkten“, teilte die Helaba-Bankdirektorin dem BME abschließend mit.
„Die konjunkturelle Nachrichtenlage wird immer frostiger: Die weltweite Nachfrage schwächelt weiterhin, allen voran in China, der Brexit wird immer bedrohlicher, in Frankreich steht die politische Stabilität auf dem Spiel und in Deutschland wartet man immer noch vergeblich auf einen Rückprall in der Automobilindustrie“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Dienstag dem BME. Kein Wunder, dass die Zuversicht schwinde, kein Wunder, dass Konjunkturprognosen nach unten revidiert würden. Kater: „Hinzu kommen jetzt auch noch die frostigen Temperaturen, die Bauindustrie berichtet von stärkeren Behinderungen als üblich.“
Mit Blick auf die jüngste Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise sagte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Dienstag dem BME:
„Der aktuelle EMI wurde auch von der Entwicklung auf den Stahlmärkten maßgeblich tangiert. So lagen im Monatsdurchschnitt die Preise für Warmbreitband und verzinkte Bleche um jeweils gut zwei Prozent unter Vormonatsniveau, während die Walzdrahtpreise vergleichsweise stabil blieben.“
Auf der Vormaterialseite seien die Schrottpreise infolge sehr geringer Türkei-Exporte und niedriger Inlandsorders (u.a. wegen Wartungsarbeiten) kräftig eingebrochen. Demgegenüber hätten die Eisenerzpreise im Monatsdurchschnitt um gut fünf Prozent angezogen. Büchner: „Zuletzt erhielten diese durch den Dammbruch in Brasilien starken Auftrieb. Es gab Befürchtungen über größere Lieferstörungen beim größten brasilianischen Erzproduzenten. Vor diesem Hintergrund könnten die Stahlnotierungen die Januar-Verluste möglicherweise schnell korrigieren.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Industrieproduktion: Im ersten Monat des Jahres wurde die Produktion bei den deutschen Herstellern nur noch minimal ausgeweitet. Entsprechend sank die Steigerungsrate auf den geteilten Tiefstwert seit Beginn des aktuellen Wachstums im Mai 2013. Die Rückgänge im Investitionsgüter- sowie Vorleistungsgüterbereich egalisierten das kräftige Plus im Konsumgüterbereich dabei fast vollständig.
Auftragseingang insgesamt/Export: Der Abwärtstrend bei den Neuaufträgen setzte sich auch im Januar fort. Mehr noch, das vierte Minus hintereinander fiel so stark aus, wie seit über sechs Jahren nicht mehr, was hauptsächlich an deutlichen Rückgängen im Investitions- sowie Vorleistungsgüterbereich lag. Vor allem die nach wie vor schwächelnde Automobilbranche und die Unsicherheit vieler Kunden wirkten sich negativ auf das Geschäft aus, wie einige der befragten Manager berichteten.
Nach Bereinigung saisonaler Faktoren notierte der Teilindex Auftragseingang Export zum fünften Mal in Folge unter der neutralen Marke von 50,0 Punkten. Der aktuelle Rückgang war zudem der stärkste seit Ende 2012, als die Schuldenkrise in der Eurozone ihren Höhepunkt erreichte. Viele Umfrageteilnehmer gaben an, dass insbesondere die Absatzzahlen in China, aber auch die in den USA, Großbritannien, der Türkei und Italien niedriger waren.
Beschäftigung: Trotz schrumpfender Neuaufträge setzten die Unternehmen ihren Beschäftigungsaufbau fort, der sich zudem über alle drei Teilbereiche der Industrie erstreckte. Der entsprechende Teilindex notierte leicht unter dem Wert vom Vormonat, womit er zwar der zweitschwächste seit über zwei Jahren war, aber immer noch über dem langjährigen Durchschnittswert lag.
Einkaufs-/Verkaufspreise: Die Inflation der Einkaufspreise schwächte sich im Januar den dritten Monat in Folge auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2016 ab. Laut Umfrageteilnehmer wirkten sich die jüngsten Preisrückgänge bei Öl und Stahl mildernd auf die Kostensteigerungen aus. Unternehmen, die einen Anstieg meldeten, verwiesen meist auf höhere Transportkosten, den Lohndruck sowie den Dollar/Euro-Wechselkurs.
Obwohl der Kostendruck im verarbeitenden Gewerbe im Januar deutlich nachgelassen hat, änderte sich die Steigerungsrate der Verkaufspreise gegenüber Dezember nur minimal. Der saisonbereinigte Teilindex notierte weiterhin deutlich über seinem historischen Mittelwert von 51,6 Punkten. Die Hersteller von Konsumgütern, deren Kosten sich am stärksten verteuerten, verzeichneten auch den deutlichsten Anstieg der Verkaufspreise.
Jahresausblick: Bei den Geschäftsaussichten änderte sich zum Jahresauftakt 2019 praktisch nichts. Der entsprechende Teilindex blieb abermals knapp unter der Referenzlinie von 50,0 Punkten, was bedeutet, dass eine geringe Mehrheit der befragten Einkaufsmanager mit niedrigeren Produktionsniveaus rechnet. Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit, Sorgen über globale Handelskonflikte sowie eine weiterhin schwächelnde Automobilindustrie waren laut einiger Umfrageteilnehmer die Hauptgründe für den Pessimismus.
Über den EMI:
Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).
Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) / Vorschaubild: Fotolia