Deutsche Bank: Weltwirtschaft trotzt schwachem Außenhandel

von Hans Diederichs

Die Deutsche Bank erwartet für die Weltwirtschaft im kommenden Jahr ein solides Wachstum von 3,5 Prozent, wie Chefvolkswirt Stefan Schneider am Mittwoch anlässlich des Kapitalmarktausblicks seines Hauses in Frankfurt sagte. "Wir beobachten derzeit weltweit eine Verschiebung weg vom Verarbeitenden Gewerbe und der Industrie, hin zu mehr Dienstleistungen und Konsum", so Schneider.

Auch die deutsche Wirtschaft dürfte von dieser Entwicklung profitieren: Für 2016 erwartet die Deutsche Bank hierzulande eine Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Höhe von 1,9 Prozent. Dabei spiele auch der Flüchtlingszustrom eine Rolle, denn alleine die dadurch entstehende zusätzliche Konsumnachfrage summiert sich laut Schneider bei rund 1 Million Flüchtlinge auf 0,25 Prozentpunkte BIP-Wachstum.

"Die langfristigen Effekte der Migration hängen davon ab, wie gut es Deutschland gelingt, die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren", so Schneider weiter. Grundsätzlich sei der Zustrom jedoch zu begrüßen, um die demographischen Verschiebungen in den kommenden Jahren abschwächen zu können. "Viele Menschen machen sich nicht bewusst, dass die Position unserer Wirtschaft ohne Zuwanderung in den kommenden fünf bis zehn Jahren erodieren würde", erläuterte Schneider.

Außenhandel verhalten, Zinswende steht an

In vielen anderen Weltregionen stabilisiert sich zwar das Wachstum ebenfalls, doch Jubel ist deswegen kaum angebracht: "Insbesondere in den Schwellenländern dürfte das Wachstum aufgrund länderspezifischer Probleme, des Verfalls der Rohstoffpreise und des erwarteten Richtungswechsels bei der US-amerikanischen Geldpolitik nicht an die Raten der Vorkrisenzeit anknüpfen", fasste Schneider zusammen.

Auch sei der wirtschaftliche Austausch zwischen den Staaten durch fehlende Impulse bei der Finanzmarktglobalisierung sowie mangelnden Fortschritte bei Freihandelsabkommen und Reformen ins Stocken geraten. "Der Welthandel wächst derzeit schwächer als das weltweite BIP - das gibt es sonst nur in der Rezession," sagte Schneider. Für den deutschen Export bleibt diese Gemengelage nach Ansicht des Chefvolkswirt der Deutschen Bank nicht ohne Folgen: "Auf der weltwirtschaftlichen Seite sieht es für die Exportnation Deutschland derzeit nicht so doll aus."

Geopolitische Risiken bleiben auch 2016 bestehen

Schneiders Kollege Ulrich Stephan, als Global Chief Investment Officer verantwortlich für die Anlagestrategie im Privat- und Firmenkundengeschäft, betonte bei seinem Marktausblick unter anderem die ungewissen Folgen nach dem zu erwartenden Ende der Nullzinspolitik, die Wachstumssorgen in China und die schwer zu prognostizierende Entwicklung der Ölpreise.

Es bestehe aber zumindest die Chance, dass der anhaltende Angebotsüberhang beim Öl 2016 korrigiert werden könnte. "Saudi-Arabien hat angeregt, dass man beim OPEC-Treffen am 4. Dezember in Wien über Förderquoten spricht", sagte Stephan. Abgesehen davon sorge aber der relativ starke Dollar weiter für Gegenwind bei den Rohstoffen.

Auf die geopolitischen Risiken, die sich derzeit aus der Lage im Nahen Osten ergeben, gingen die beiden Ökonomen der Deutschen Bank nur am Rande ein. Auch diese Entwicklung dürfte bei der Ölpreisbildung am Ende eine nicht unerhebliche Rolle spielen.

Quelle: Deutsche Bank AG, marketSTEEL; Vorschau-Foto: fotolia 

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