Dauerhafte Grenzkontrollen gefährden Wohlstand
von Alexander Kirschbaum
Die dauerhafte Wiedereinführung von innereuropäischen Grenzkontrollen würde das wirtschaftliche Wachstum europaweit erheblich in Mitleidenschaft ziehen und auch darüber hinaus spürbare Wohlstandsverluste verursachen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Allein für Deutschland wären der Studie zufolge bis zum Jahre 2025 Wachstumsverluste zu erwarten, die sich auf mindestens 77 Milliarden Euro aufsummieren. Unter pessimistischeren Annahmen könnten sich diese Verluste sogar zu rund 235 Milliarden Euro aufaddieren. Für die EU ist mit Verlusten von 470 Milliarden zu rechnen und auch außerhalb Europas hätte ein Ende von Schengen negative ökonomische Effekte.
Erhebliche Kosten- und Preissteigerungen
Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen würde zu massiven Kosten- und Preissteigerungen führen, die sich negativ auf das Wirtschaftswachstum in Europa auswirken. Schon in einem optimistischen Szenario mit einem moderaten Anstieg der Preise für aus dem europäischen Ausland importierte Güter um lediglich ein Prozent wären die damit verbundenen Wachstumseinbußen laut der Studie erheblich. Für Deutschland würden sich die Einbußen bei konservativen Annahmen innerhalb von zehn Jahren zwischen 2016 und 2025 auf 77 Milliarden Euro aufaddieren. Für Frankreich ergäbe sich ein kumulierter Wachstumsverlust von 80,5 Milliarden Euro. Und für die EU insgesamt würden sich die Einbußen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) innerhalb von zehn Jahren auf rund 470 Milliarden Euro aufsummieren. In einem pessimistischen Szenario wird von einem Anstieg der Importpreise um drei Prozent ausgegangen. Dabei würden sich die BIP-Einbußen in Deutschland auf 235 Milliarden Euro aufsummieren.
"Alle zahlen die Rechnung"
"Wenn die Schlagbäume innerhalb Europas wieder runtergehen, gerät das ohnehin schwache Wachstum in Europa noch stärker unter Druck. Am Ende zahlen alle Menschen die Rechnung", warnt Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.
Ausgangspunkt für die in der Studie aufgestellten Berechnungen sind die Zeitverluste, die sich aus den Personenkontrollen an den Grenzen innerhalb Europas ergäben. Längere Wartezeiten bedeuten für die Unternehmen höhere Personalkosten. Zudem müssen die Lagerbestände erhöht werden, weil Just-in-time-Lieferungen nicht mehr garantiert werden können. Aus beiden Entwicklungen resultieren steigende Produktionskosten, die zu einem Preisanstieg führen. Höhere Preise reduzieren die Konsumnachfrage und verringern zudem die internationale Wettbewerbsfähigkeit, also auch die Exporte. Die nachlassende Güternachfrage führt schließlich zu sinkenden Investitionen. Unternehmen passen sich an die nachlassenden Absatzchancen an und schränken ihre Produktion ein, damit lässt das Wirtschaftswachstum nach.
Wachstumseinbußen auch in USA und China
Wegen der zunehmenden internationalen Verflechtungen wären auch Länder außerhalb Europas von diesen wachstumsdämpfenden Effekten betroffen. Im Fall einer einprozentigen Erhöhung der Importpreise würden sich die Wachstumsverluste zwischen 2016 und 2025 in den USA und China auf 91 bzw. 95 Milliarden Euro aufsummieren. Bei einem Anstieg der Importpreise um drei Prozent lägen die kumulierten Wachstumseinbußen in beiden Ländern bei circa 280 Milliarden Euro.
Quelle: BertelsmannStiftung Vorschau-Foto: Fotolia