China: Wirtschaft wenig Innovationsfähig

von Alexander Kirschbaum

Bei den gestrigen deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen sowie der Tagung des deutsch-chinesischen Beratenden Wirtschaftsausschusses (DCBWA) standen die zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder im Mittelpunkt. China ist für viele deutsche Unternehmen mittlerweile ein wichtiger Absatzmarkt, aber das Land wird für Deutschland auch als Forschungs- und Entwicklungspartner immer bedeutender. Wie jedoch der Innovationsindikator 2015 zeigt, ist die chinesische Wirtschaft aktuell wenig dynamisch und China landet im Innovationsranking nur im hinteren Mittelfeld. Für Deutschland, das im Innovationsindikator auf Rang fünf liegt, könnte die geringe Innovationsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft langfristig negative Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Forschung haben.

Für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft spielt China eine herausragende Rolle. Umgekehrt werden aber auch für China der deutsche Markt und das hierzulande vorhandene technologische Know How sowie eine enge Partnerschaft mit Deutschland als Forschungs- und Entwicklungspartner zunehmend wichtiger. Chinas erklärtes Ziel, die eigene Produktion stärker in Richtung einer wissens- und innovationsintensiven Produktion zu verändern, will das Land auch mit Hilfe Deutschlands erreichen.

Schleppende Reformen

Wie der Innovationsindikator zeigt, ist China derzeit aber weit von einer innovationsfähigen Wirtschaft entfernt: Im internationalen Innovationsranking, das von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) herausgegeben und vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt wird, landet China nur auf Platz 26. Zurückzuführen ist dies unter anderem darauf, dass kaum Wertschöpfung im eigenen Land verbleibt, weil die hohen Exporte noch immer von hohen Importen abhängen. Zudem kommen die in Wissenschaft und Wirtschaft dringend benötigten Reformen nur schleppend voran, was dem Land eine sehr eingeschränkte wirtschaftliche Innovationsfähigkeit einbringt.

Deutschland konnte sich im Ranking des Innovationsindikators hingegen weiter verbessern und liegt international an fünfter Stelle. Auch konnte es zur Spitzengruppe um die Länder Schweiz, Singapur, Belgien und Finnland weiteren Boden gutmachen. Dies liegt besonders an seinen Stärken bei den Hightech-Exporten, technologiebasierten Neuerungen und einer gut funktionierenden Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlicher Forschung und der Wirtschaft. Das Bildungssystem bleibt weiterhin ein Schwachpunkt, wenngleich es hier erkennbare Fortschritte gab. Deutschland muss allerdings einem sich immer weiter ausprägenden Fachkräftemangel entgegenwirken, das Interesse an technischen Berufen noch stärker fördern als bisher und seinen vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu innovationspolitischen Förderprogrammen erleichtern.

China als Zugpferd für die Weltwirtschaft

Wenngleich das gute Abschneiden Deutschlands beim Innovationsindikator für die hiesigen Unternehmen ein positives Signal ist, so beobachten sie die sich eintrübende Stimmung der chinesischen Wirtschaft mit zunehmender Sorge. Schließlich war die Volksrepublik lange ein Zugpferd für die weltweite Entwicklung innovativer Produkte. Verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage Chinas weiter, dürfte dies Konsequenzen für die Weltwirtschaft haben: Die wichtigen europäisch-chinesischen Verschränkungen in Branchen wie der Automobilindustrie, der Elektrotechnik oder der Konsumelektronik haben längst dazu geführt, dass auch Europa spürt, wenn sich die Konjunktur in China abkühlt.

Dennoch gibt es in China laut der Studie auch verhaltene positive Entwicklungen, wie etwa eine ungebremste staatliche Nachfrage nach Hochtechnologien oder die starke Zunahme bei transnationalen Patentanmeldungen. Demgegenüber stehen allerdings geringe FuE-Investitionen in der öffentlichen Forschung, eine wenig effektreiche steuerliche Forschungsförderung sowie eine geringe Qualität von Patenten. Zukünftige Kooperationen zwischen Deutschland und China sollten der Studie zufolge aus deutscher Sicht gezielt in jenen Bereichen angestoßen werden, in denen sich ein gegenseitiger Nutzen abzeichnet. Dies gilt besonders für klassisch starke Sektoren des chinesischen Innovationssystems wie beispielsweise Materialien oder auch Informations- und Kommunikationstechnologien.

Quelle: Fraunhofer-Institut für System-und Innovationsforschung (ISI)  Vorschau-Foto: Marlies Schwarzin/pixelio.de

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