Bundesregierung will internationalen Klimaclub gründen
von Hubert Hunscheidt
„Der Klimawandel bleibt die größte Herausforderung unserer Zeit. Wir wollen bis 2045 klimaneutral sein, die EU bis 2050. Jetzt geht es um die Umsetzung. Klar ist aber: Der Klimawandel lässt sich nicht national und auch nicht europäisch bewältigen. Deshalb wollen wir einen internationalen Klimaclub schaffen, für alle die mit ambitionierten Zielen vorangehen. Dieser offene und kooperative Club definiert gemeinsame Mindeststandards, bringt den Klimaschutz international koordiniert voran und stellt sicher, dass Klimaschutz international ein Standortvorteil ist. Was wir bei der globalen Mindeststeuer erreicht haben, wollen wir jetzt beim Klimaschutz: International an einem Strang ziehen, um den großen Herausforderungen zu begegnen", so Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
Der Umsetzung des Pariser Abkommens einen zusätzlichen Schub geben
Die internationale Einigung zum Pariser Klimaschutzabkommen war ein Meilenstein für den internationalen Klimaschutz. Um das Ziel des Abkommens, die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstieges auf möglichst 1,5 Grad Ziel zu begrenzen, tatsächlich zu erreichen, ist ein Umbau der Wirtschaft auf globaler Ebene unverzichtbar. Diese globale Aufgabe kann nur gelingen, wenn die entscheidenden Staaten dabei gemeinsam vorangehen.
Dieser Grundidee folgt die Initiative eines internationalen Klimaclubs, die heute im Bundeskabinett vorgestellt wurde. Mit der Initiative soll das Gelegenheitsfenster genutzt werden, das sich durch die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Pariser Abkommen sowie die ambitionierteren Klimaziele der EU und anderer Staaten ergibt.
Klimapolitische Vorreiter vor Wettbewerbsnachteilen schützen
Beim internationalen Klimaschutz ist Kooperation unverzichtbar, darin ist sich auch die Wissenschaft einig. Wirksame Klimaschutzmaßnahmen sind theoretisch im Interesse aller Staaten dieser Welt. Allerdings können sich aktuell Staaten Wettbewerbsvorteile für ihre eigene Industrie sichern, wenn sie beim Klimaschutz weniger ambitioniert sind als andere (sog. „Carbon Leakage“). Ein Klimaclub hilft dabei, dass Staaten, die beim Klimaschutz vorangehen, keine industriellen Nachteile haben.
Die G20 Staaten haben bei der Bekämpfung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und mit der Einigung auf die globale Mindestbesteuerung auch in der Steuerpolitik gezeigt, dass durch koordiniertes Vorgehen globale Herausforderungen am besten gemeistert werden können. Auch bei der Bekämpfung des Klimawandels steht die Weltgemeinschaft vor einer Aufgabe, die nur global koordiniert gelingen kann. Zugleich hat die EU bewiesen, dass eine solche Kooperation beim Klimaschutz funktioniert: Dank Abstimmung und Kooperation innerhalb der EU ist ihr die ambitionierteste Klimapolitik der Welt möglich, ohne dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig auf Kosten der anderen industriell bereichern. Dieses Vorgehen gilt es auf die globale Ebene auszuweiten.
Auch die Handelspolitik kann Klimaschutzmaßnahmen flankieren und somit zum Klimaschutz beitragen. Deshalb sollen sich die Mitglieder des Klimaclubs untereinander in der Handelspolitik koordinieren, auch beim Handel mit Drittstaaten, die noch nicht Mitglied des Klimaclubs sind – unter Wahrung der Regeln der WTO.
Gemeinsam den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft voranbringen
Die ambitionierten Klimaziele können nur mit mutigen Klimaschutzmaßnahmen erreicht werden. Praktisch alle Industrie- und Schwellenländer stehen vor dieser Herausforderung. Damit dies gelingt, sollen die Mitglieder des internationalen Klimaclubs ihre klimapolitischen Instrumente untereinander abstimmen und einen Rahmen dafür schaffen, der ihre jeweiligen Industrien und Volkswirtschaften vor Wettbewerbsnachteilen schützt.
Die Wahl der Instrumente kann sich dabei zwischen den Staaten unterscheiden. Ziel des Klimaclubs ist es vor allem, die unterschiedlichen Regelungen vergleichbar zu machen. Die Mitglieder des Klimaclubs werden daher besprechen, wie man zu einer gemeinsamen Messung des CO2-Gehalts von Produkten und Materialien kommen kann. Außerdem geht es darum, den Umbau des Industriesektors gemeinsam zu forcieren. Dafür sollen gemeinsame Leitmärkte für klimaneutrale Grundstoffe wie Stahl geschaffen und der gemeinsame Aufbau einer Versorgung mit grünem Wasserstoff vorangetrieben werden.
Neue globale Dynamik für mehr Klimaschutz in Gang setzen
Die Allianz soll eine Partnerschaft der klimapolitisch ambitioniertesten Staaten der Welt sein. Die Zielsetzung in Deutschland und Europa ist klar: Um das 1,5 Grad-Ziel des Übereinkommens von Paris zu erreichen, will Deutschland bis 2045 klimaneutral werden, die EU bis 2050. Der Klimaclub steht denjenigen Staaten offen, die ebenfalls Klimaneutralität erreichen wollen, in der Regel spätestens 2050. Auf dem Weg dorthin sollen ambitionierte Zwischenziele festgelegt werden.
Mit der Zeit sollen immer mehr Länder dazu kommen. Die Allianz soll offen sein für neue Mitglieder mit ambitionierten Klimaschutzzielen. Ein wichtiges Ziel ist es natürlich zunächst, die größten CO2-Emittenten an Bord zu bringen. Dabei sollen ausdrücklich auch die Interessen jener Partner berücksichtigt werden, für die aktuell noch keine Mitgliedschaft in Frage kommt, die aber dazu bereit sind, mit entsprechenden Unterstützungsangeboten ihre Anstrengungen für mehr Klimaschutz zu erhöhen. Auf diese Weise soll der Klimaclub, der die ambitioniertesten Staaten der Welt umfasst, eine globale Sogwirkung entfalten.
Das gestern im Bundeskabinett behandelte Eckpunktepapier ist erst der Beginn: Die Bundesregierung wird nun mit ihren europäischen Partnern und der europäischen Kommission über die Gründung eines Klimaklubs sprechen, den Kontakt mit den USA und den G7-Partnern suchen und anschließend gemeinsam auf China, Indien und weitere G20-Länder zugehen. Die Eckpunkte sind zudem als Einladung an Wissenschaftler*innen und betroffene Akteure zu verstehen, sich in die Ausgestaltung des Klimaclubs einzubringen.
Quelle und Foto: Bundesministerium der Finanzen