Brüssel muss chinesische Wettbewerbsverzerrungen bei E-Autos eindämmen
von Hubert Hunscheidt
Die EU hat chinesischen E-Autos den Kampf angesagt. Übermäßige Subventionen sind Brüssel ein Dorn im Auge: Das drücke den Preis künstlich, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, und das sei nicht akzeptabel. Man werde die Sache jetzt untersuchen – im Ergebnis drohen zunächst vorläufige Strafzölle, zusätzlich zu den normalen Einfuhrzöllen von zehn Prozent auf Autos generell.
Das Vorgehen mit einem solchen Antisubventionsverfahren ist richtig – schließlich subventioniert China seine Autoindustrie nach Kräften. Damit können chinesische E-Auto-Hersteller wettbewerbsverzerrend niedrige Kaufpreise bieten. Die überzogenen Subventionen führen in China zu massiven Überkapazitäten, die am Ende den Weltmarkt überschwemmen. Das führt zu weiterem Preisdruck.
Kein Interesse, deutschen Firmen zu schaden
Manche Autoexperten fürchten nun, dass China massive Gegenmaßnahmen gegen die deutschen Autohersteller in China ergreift. Die Sorge erscheint unbegründet: Gerade die deutsche Autoindustrie setzt in China zunehmend auf die Strategie „local for local“, sie produziert also zunehmend vor Ort ihre Autos für chinesische Kunden. Die chinesische Regierung hat also kein Interesse, deutschen Autofirmen Steine in den Weg zu legen, sie würde sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden und vor allem chinesische Jobs auf Spiel setzen. Es erscheint angesichts der wirtschaftlichen Schwächephase in China sehr fraglich, ob sie das tun würde.
Andere Gegenmaßnahmen der chinesischen Regierung sind freilich nicht ausgeschlossen. Doch weil die EU sich nur mit regelkonformen Mitteln gegen unfairen Wettbewerb aus China verteidigt und keinen Protektionismus betreibt, würde sich China auch damit selbst schaden. Denn es würde die EU noch mehr auf das von China kritisierte De-Risking setzen lassen und noch weiter an die Seite der USA treiben.
Kluge Schachzüge der EU
Die Europäische Kommission hat zudem zwei kluge Schachzüge gemacht. Zum einen eröffnet sie das Verfahren „ex officio“, also in eigener Initiative. Normalerweise handelt sie als Reaktion auf Klagen der betroffenen Industrie. Solche Beschwerden werden dann publik und setzen die betreffenden EU-Branchen potenziellen Gegenmaßnahmen aus. Wenn die Kommission von sich aus agiert, mindert sie dieses Risiko.
Zudem will die Kommission die chinesischen Subventionen entlang der ganzen Wertschöpfungskette von Autos mit ins Kalkül ziehen, um das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung zu bemessen. Das ist richtig und unverzichtbar, weil China durchweg subventioniert: Das beginnt bei Produktionsfaktoren wie Kapital und Boden, geht über Rohstoffe und Stahl, die für Batterien und Karosserien wichtig sind, bis hin zu Subventionen für Fabriken, Produktion und Export. Es wird nicht leicht sein, das belastbar zu erfassen. Aber aus dieser Analyse kann die Kommission für andere mögliche Antisubventionsverfahren in Zukunft lernen. Denn angesichts zunehmender Konkurrenz durch China in immer mehr Branchen wird es vermutlich nicht bei diesem einen Verfahren bleiben.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / Foto: Fotolia