Aufschwung bleibt kräftig mit hoher Kapazitätsauslastung
Gute Zahlen: Das RWI (Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung) erhöht seine Prognose für das deutschen Wirtschaftswachstums im Jahr 2017 gegenüber der Vorhersage vom September dieses Jahres von 1,9 auf 2,3 Prozent. Die die Jahre 2018 erwartet das RWI 2,2 Prozent und für 2019 1,9 Prozent Wachstum. Damit liegt der Zuwachs erneut über dem gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial. Auch die Auslastung der Kapazitäten steigen. Für die Arbeitslosenquote erwartet das Institut 2018 eine Quote von 5,4 Prozent und 2019 wird diese weiter auf 5,1 Prozent sinken. Die Inflation dürfte im nächsten und übernächsten Jahr bei 1,9 Prozent liegen. Auch der öffentliche Haushalt wird 2018 und 2019 voraussichtlich Überschüsse von 50 und 52 Milliarden Euro erzielen. Eine neue Bundesregierung sollte keine kurzfristig stimulierend wirkende, sondern eine am langfristigen Wachstum ausgerichtete Finanzpolitik verfolgen.
Das RWI erhöht seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2017 auf 2,3 Prozent. Im September waren 1,9 Prozent erwartet worden. Für 2018 steigert das Institut seine Prognose leicht von 2,1 auf 2,2 Prozent, für 2019 nimmt es sie von 2,0 auf 1,9 Prozent Wachstum zurück. „Die private Konsumnachfrage bleibt eine wichtige Triebkraft der Konjunktur“, so RWI-Konjunkturchef Roland Döhrn. Dies insbesondere, weil die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte bei anhaltendem Beschäftigungsaufbau voraussichtlich weiterhin spürbar zunehmen werden. Neben den Bauinvestitionen dürften im Prognosezeitraum auch die Ausrüstungsinvestitionen zum Wachstum beitragen. Die Wirtschaft wächst weiterhin rascher als das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial, die Kapazitäten sind somit zunehmend ausgelastet. In der Bauwirtschaft führen bereits jetzt Kapazitätsengpässe zu steigenden Baukosten.
Die Exporte beleben sich zwar dank der kräftigeren Weltkonjunktur. Insgesamt wird die Außenwirtschaft hingegen nur einen geringen Beitrag zum Aufschwung liefern, weil auch die Importe spürbar zunehmen. Dazu trägt auch bei, dass die Preise hierzulande voraussichtlich stärker steigen als im übrigen Euro-Raum und die deutschen Unternehmen dadurch preislich weniger wettbewerbsfähig sind.
Die Zahl der Erwerbstätigen war zuletzt um 1,5 Prozent höher als vor einem Jahr, sie dürfte weiter zunehmen, wenn auch etwas verlangsamt. Die Zunahme speist sich vor allem aus einer weiter steigenden Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen. Nur ein kleinerer Teil der zusätzlich Erwerbstätigen stammt wohl aus dem Kreis der Arbeitslosen. Trotzdem dürfte die Zahl der Arbeitslosen – die zuletzt so niedrig war wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr – weiter sinken. Die Arbeitslosenquote dürfte entsprechend von 5,7 Prozent in diesem Jahr auf 5,4 Prozent im nächsten Jahr und weiter auf 5,1 Prozent im Jahr 2019 abnehmen.
Inflation bleibt hoch, Budgetüberschuss des Staates steigt weiter
Die Inflationsrate dürfte im nächsten und übernächsten Jahr 1,9 Prozent betragen, nach 1,8 Prozent in diesem Jahr. Die Kerninflation (ohne Energie) erhöhte sich im Verlauf von 2017 leicht auf voraussichtlich 1,6 Prozent. Dies ist ein für Deutschland recht hoher Wert, im Durchschnitt der vergangenen zwanzig Jahre lag sie bei 1,2 Prozent. Im Zuge der steigenden Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten wird die Kerninflation im Verlauf des Prognosezeitraums noch etwas zunehmen. Da jedoch in der Prognose keine weiteren Impulse seitens des Ölpreises mehr unterstellt sind, werden die von dieser Seite ausgehenden Effekte auf die Verbraucherpreise auslaufen.
Der Staatshaushalt dürfte in diesem Jahr mit 40 Milliarden Euro (bzw. 1,2 Prozent des BIP) den höchsten Überschuss seit der deutschen Wiedervereinigung erreichen. Dabei profitierte der Staat von sehr günstigen gesamt- und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Die gute Konjunktur- und Arbeitsmarktlage ließ Steuer- und Beitragseinnahmen kräftig sprudeln, das historisch niedrige Zinsniveau brachte weitere Einsparungen beim staatlichen Schuldendienst. Derzeit ist unklar, welche Parteien die neue Bundesregierung stellen und welche Maßnahmen sie ergreifen werden. Die Prognose geht daher vom finanzpolitischen Status quo und damit einer in den beiden kommenden Jahren annähernd konjunkturneutral ausgerichteten Finanzpolitik aus. Unter dieser Annahme dürfte der Budgetüberschuss des Staates im Jahr 2018 auf 50 Milliarden Euro und 1,5 Prozent des BIP und im Jahr 2019 auf 52 Milliarden Euro und ebenfalls 1,5 Prozent des BIP steigen. Die Schuldenquote des Staates dürfte unter diesen Bedingungen bis 2019 kontinuierlich auf 58 Prozent sinken und würde damit erstmals seit dem Jahr 2002 unter dem Grenzwert des Maastricht-Vertrages liegen.
Anders würde es aussehen, wenn die künftige Bundesregierung die hohen Budgetüberschüsse für zusätzliche Ausgaben oder für Steuer- und Abgabensenkungen nutzt. Dies könnte der gesamtwirtschaftlichen Expansion zwar zusätzliche Impulse geben, würde aber angesichts der ohnehin bereits hohen Kapazitätsauslastung die Inflation verstärken. Eine solche kurzfristig stimulierend wirkende Finanzpolitik würde mithin prozyklisch wirken und wäre damit verfehlt. „Die neue Bundesregierung sollte einer am langfristigen Wachstum ausgerichteten Finanzpolitik den Vorzug geben“, rät Roland Döhrn.
Quelle, RWI Eassen, Foto: Fotolia