Argentinien auf Modernisierungskurs

von Alexander Kirschbaum

Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am heutigen Mittwoch nach Argentinien. Dort trifft sich die Bundeskanzlerin mit Vertretern der Wirtschaft und dem argentinischen Präsidenten Mauricio Macri. Ein guter Anlass, das südamerikanische Land etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Präsident Macri hat Ende 2015 die Wende in der Wirtschaftspolitik eingeleitet. Die unter seiner Amtsvorgängerin Cristina Kirchner herrschenden Preis- und Devisenkontrollen wurden aufgehoben, der Außenhandel liberalisiert, die Exportsteuern weitgehend abgeschafft. „Trotz Reformen kommt Argentiniens Wirtschaft bisher nur langsam in Fahrt. Ein nachhaltiger Aufschwung ist sicherlich auch davon abhängig, ob es der Macri-Regierung nach den Parlamentswahlen im Oktober gelingt, weitere Strukturreformen umzusetzen“, sagt Carl Moses von Germany Trade & Invest (GTAI) in Buenos Aires. Der Abbau der für ein Schwellenland sehr hohen Staatsquote von fast 40 Prozent des BIP und die Verminderung der entsprechend hohen Steuerbelastung der Wirtschaft dürften laut Moses zu den schwierigsten Vorhaben zählen. 

Seit Jahresmitte 2016 zieht die Konjunktur allmählich an. Die Belebung wird bisher vor allem von der exportstarken Landwirtschaft getragen. Sorgenkind bleibt vorerst die verarbeitende Industrie, die allgemein unter geringer Wettbewerbsfähigkeit und unter der Krise in Brasilien, ihrem wichtigsten Exportmarkt, leidet. Argentiniens Regierung hat ein ehrgeiziges Programm zur Verbesserung der Infrastruktur auf den Weg gebracht. Zu den Schwerpunkten gehören die Modernisierung von Straßen und Bahnen sowie der Ausbau von Wasserversorgung und Kanalisation. Ein großer Teil der Vorhaben soll mit Beteiligung privater Investoren gestemmt werden. Deutsche Zulieferer sind gefragt, müssen aber mit den Preisen und Finanzierungsangeboten chinesischer Wettbewerber konkurrieren.

Deutschland und Argentinien: gute Wirtschaftsbeziehungen

Argentinien ist Deutschlands drittwichtigster Handelspartner in Lateinamerika nach Brasilien und Mexiko. Der Gesamtwert deutscher Exporte betrug 2016 rund 2,6 Milliarden Euro, wovon Kfz und -teile sowie Maschinen den Großteil der Waren ausmachten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte ihre Reise nach Argentinien zum Anlass nehmen, um die Türen für den deutschen Mittelstand in den beiden Ländern noch weiter zu öffnen, fordert VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. „Insbesondere die Exportfinanzierung für kleinere Auftragssummen, wie sie im Mittelstand typisch ist, macht uns weiter Sorgen. Den Unternehmen entgehen zu viele Geschäfte, weil die flankierende staatliche Hermesdeckung zu aufwendig ist“, erläutert Brodtmann.

Deutsche Banken bieten in der Regel keine Exportfinanzierungen für Aufträge in das südamerikanische Land an, die ein Volumen von weniger als 5 Millionen Euro und eine Laufzeit bis zu 5 Jahren haben. Hermesfinanzierungen kommen bei solchen „small tickets“ aufgrund ihrer Komplexität ebenfalls immer weniger zum Einsatz. Wurden 2013 noch „small tickets“ im Gesamtwert von 1,3 Milliarden Euro versichert, waren es 2016 nur noch 400 Millionen Euro.  „Wir haben hier eine Finanzierungslücke, die der Markt nicht schließen kann. Deshalb fordern wir die Politik auf, für solche Exportkredite eine Lösung zu finden. Das Beste wäre hierfür die Abwicklung über eine staatliche Exportbank“ wie etwa in Österreich, Japan und den USA, sagt Ackermann.

Quelle: GTAI, VDMA  Vorschau-Foto: Dieter Schütz/pixelio.de

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