Aktionsplan der EU-Kommission für die Stahl- und Metallindustrie

von Hubert Hunscheidt

Der Aktionsplan für Stahl und Metalle soll die Wettbewerbsfähigkeit der Branche stärken und ihre Zukunft sichern.

Die europäische Stahlindustrie ist eine tragende Säule der Wirtschaft und liefert essenzielle Materialien für Schlüsselbranchen wie die Automobilindustrie, saubere Technologien und die Verteidigung. Eine starke Stahl- und Metallindustrie in Europa ist entscheidend, um die Sicherheit der EU in der aktuellen geopolitischen Lage zu gewährleisten und das heute ebenfalls vorgestellte Programm „ReArm Europe/Readiness 2030“ umzusetzen. Gleichzeitig steht die Branche an einem kritischen Wendepunkt: Hohe Energiekosten, unfaire globale Wettbewerbsbedingungen und der steigende Investitionsbedarf zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen stellen erhebliche Herausforderungen dar. Der Aktionsplan kommt in einer Zeit, in der marktverzerrende Maßnahmen – wie nicht marktwirtschaftliche Subventionen für globale Überkapazitäten und ungerechtfertigte Zölle auf EU-Stahl und -Aluminium – die Wirtschaft negativ beeinflussen können.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Die Stahlindustrie war schon immer ein Motor für Europas Wohlstand. Auch die nächste Generation von klimafreundlichem Stahl soll in Europa produziert werden. Deshalb müssen wir unsere Stahlhersteller unterstützen, die auf dem globalen Markt mit starkem Gegenwind kämpfen. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen wir die Energiekosten senken und ihnen helfen, innovative, CO₂-arme Technologien auf den Markt zu bringen. Mit dem heutigen Aktionsplan bieten wir konkrete Lösungen für eine florierende europäische Stahlindustrie.“

Mit diesem Plan unterstützt die Kommission die Branche dabei, kurzfristige und mittelfristige Herausforderungen zu bewältigen. Die spezifischen Maßnahmen wurden in einem kollaborativen Prozess entwickelt, der unter anderem Diskussionen im Steel Dialogue am 4. März 2025 umfasste. Der Aktionsplan beinhaltet:

1. Sicherstellung einer erschwinglichen und sicheren Energieversorgung für den Sektor

Energiekosten machen in der Metallproduktion einen besonders hohen Anteil der Gesamtkosten aus. Der Aktionsplan fördert daher den Einsatz von Power Purchase Agreements (PPAs) und ermutigt die Mitgliedstaaten, flexible Energiesteuern sowie reduzierte Netzentgelte zu nutzen, um die Strompreisschwankungen abzumildern. Zudem sollen energieintensive Industrien schneller Zugang zu Stromnetzen erhalten, während gleichzeitig der Einsatz von erneuerbarem und CO₂-armem Wasserstoff in der Produktion ausgebaut wird.

2. Vermeidung von Carbon Leakage

Der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) soll sicherstellen, dass europäische Stahl- und Metallproduzenten im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt werden. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass nicht-europäische Hersteller ihre Produkte durch Greenwashing als emissionsarm deklarieren, obwohl sie weiterhin auf emissionsintensive Energiequellen setzen. Im zweiten Quartal 2025 wird die Kommission eine Mitteilung veröffentlichen, in der sie Maßnahmen zur Bekämpfung von Carbon Leakage bei CBAM-geregelten Exporten aus der EU erläutert. Zudem wird eine Überprüfung des CBAM-Mechanismus erfolgen, mit einer ersten Gesetzesinitiative bis Ende 2025. Diese soll den Geltungsbereich von CBAM auf bestimmte weiterverarbeitete Stahl- und Aluminiumprodukte ausweiten und zusätzliche Maßnahmen gegen Umgehungstatbestände einführen.

3. Ausbau und Schutz der europäischen Industrieproduktion

Globale Überkapazitäten gefährden die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahl- und Metallindustrie. Die EU hat bereits handelspolitische Schutzmaßnahmen gegen unlauteren Wettbewerb im Bereich Stahl, Aluminium und Ferrolegierungen ergriffen, doch die Herausforderungen nehmen weiter zu. Deshalb wird die Kommission die bestehenden Schutzmaßnahmen für Stahl verschärfen. Noch vor Ende des Jahres wird ein langfristiger Mechanismus vorgeschlagen, um den Schutz des EU-Stahlsektors nach dem Auslaufen der aktuellen Maßnahme Mitte 2026 sicherzustellen. Zudem wird geprüft, ob die „Melted and Poured“-Regel eingeführt werden sollte, um die Herkunft von Metallprodukten klarer zu bestimmen und Umgehungshandlungen zu verhindern.

4. Förderung der Kreislaufwirtschaft

Eine verbesserte Recyclingstrategie ist essenziell, um Emissionen und Energieverbrauch in der Metallindustrie zu senken. Die Kommission plant daher, Recyclingquoten für Stahl und Aluminium in Schlüsselbranchen festzulegen und zu evaluieren, ob weitere Produkte – etwa Baumaterialien und Elektronik – Recycling- oder Mindest-Recyclinganteilsvorgaben erhalten sollten. Zudem wird geprüft, ob Handelsmaßnahmen für Metallschrott eingeführt werden, um eine ausreichende Verfügbarkeit dieses wichtigen Rohstoffs für die CO₂-arme Stahlproduktion in der EU sicherzustellen.

5. Reduzierung von Investitionsrisiken bei der Dekarbonisierung

Das kommende Industrie-Dekarbonisierungsbeschleunigungsgesetz (Industrial Decarbonisation Accelerator Act) wird Nachhaltigkeitskriterien für öffentliche Aufträge einführen, um die Nachfrage nach EU-weit produziertem CO₂-armem Stahl und Metall zu stärken. Die Kommission stellt für 2026–2027 150 Millionen Euro aus dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl sowie zusätzliche 600 Millionen Euro aus Horizon Europe für den Clean Industrial Deal bereit. Darüber hinaus sollen über die Industrial Decarbonisation Bank insgesamt 100 Milliarden Euro für die Skalierung klimafreundlicher Industrien mobilisiert werden. Ein Pilotprojekt mit einem Fördervolumen von 1 Milliarde Euro wird 2025 gestartet und sich auf die Dekarbonisierung und Elektrifizierung zentraler Industrieprozesse konzentrieren.

6. Schutz hochwertiger Industriearbeitsplätze

Die Stahl- und Metallindustrie ist für die europäische Wirtschaft von zentraler Bedeutung und sichert direkt und indirekt rund 2,6 Millionen Arbeitsplätze. Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollen die Weiterentwicklung von Qualifikationen und faire Beschäftigungsübergänge unterstützen. Der European Fair Transition Observatory und die Quality Jobs Roadmap – beide Teil des Clean Industrial Deal – werden die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt überwachen und sicherstellen, dass Arbeitnehmerrechte gewahrt bleiben.

Mit diesem umfassenden Aktionsplan setzt die EU-Kommission klare Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung der europäischen Stahl- und Metallindustrie um.

Quelle: Europäische Kommission / Foto: marketSTEEL

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