Stahlmarkt 2016 - Stahl 2025: Quo vadis?

von Hans Diederichs

Ingo Schill - Stahlexperte PWC

Herr Schill, in der aktuellen Stahlmarktprognose „Stahl 2025: Quo vadis?“ untersucht PwC die weltweite Stahlnachfrage bis ins Jahr 2025. Welche Entwicklungen zeichnen sich ab?

Die globale Stahlnachfrage wächst langsamer als zuletzt angenommen. Im Vorjahr waren wir noch von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 3,3 Prozent ausgegangen, in diesem Jahr mussten wir die Prognose auf 2,9 Prozent nach unten korrigieren. Das hängt insbesondere mit dem verlangsamten Wachstum in China und den GUS-Staaten zusammen. Die konjunkturelle Abkühlung in China, die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland und die Krisensituation in der stahlintensiven Ost-Ukraine schlagen auf die weltweite Nachfrage nach Stahl durch.

Chinas Konjunktur kühlt sich ab. Was bedeutet das für den globalen Stahlmarkt?

Der Einfluss Chinas auf den Stahlmarkt bleibt trotz der konjunkturellen Eintrübung riesig. Auch im Jahr 2025 wird das Land den globalen Stahlmarkt dominieren und über 40 Prozent des weltweiten Stahls verbrauchen. China bleibt der Schlüsselakteur: Gerät die dortige Stahlnachfrage ins Stocken, setzen die entstehenden Überkapazitäten die Preise auf dem Weltmarkt unter Druck. Hinzu kommen Wettbewerbsvorteile für chinesische Hersteller, etwa die im Vergleich zu europäischen Vorgaben noch deutlich niedrigeren Umweltauflagen. Insgesamt wird sich an der Dominanz Chinas auf dem Stahlmarkt auch auf lange Sicht nichts ändern. Auch unsere globale M&A-Analyse für die Metallbranche weist eindeutig auf die stärksten Aktivitäten in dieser Weltregion hin.

Das klingt ernst. Stehen europäische Hersteller mit dem Rücken zur Wand?

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Europäische und gerade deutsche Stahlunternehmen haben im direkten Wettbewerbsvergleich auch Vorteile, z.B. aufgrund der guten Vernetzung im Bereich Forschung und Entwicklung, gut eingespielter Lieferketten und nicht zuletzt einer immensen Innovationskraft rund um den Werkstoff Stahl. Wenn sie sich auf ihre Stärken konzentrieren, haben die europäischen Hersteller gute Chancen, ihre strategische Positionierung im Premium-Segment erfolgreich zu verteidigen oder sogar noch auszubauen.

Was müssen die Unternehmen konkret tun?

In der Entwicklung spezieller Anforderungen an den Werkstoff Stahl, die in enger Abstimmung mit den Kunden erfolgen, sind europäische Unternehmen ihren fernöstlichen Konkurrenten zwischen fünf und zehn Jahre voraus. Wenn sie diesen Vorsprung halten wollen, müssen die Unternehmen ihr Verständnis von Innovation über rein technische Neuerungen hinaus weiterentwickeln. Die Digitalisierung – Stichwort Industrie 4.0 – ermöglicht es beispielsweise, die eigenen Kunden immer enger und spezifischer in die eigene Wertschöpfungskette zu integrieren. Dadurch entstehen gerade völlig neue Möglichkeiten – von der Prozessebene bis hin zum Geschäftsmodell.

Herr Schill, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

Ingo Schill ist Stahlmarktexperte bei PricewaterhouseCoopers. Foto: PwC

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