Positive Entwicklung im wichtigsten Abnehmermarkt

marketSTEEL: Herr Vietmeyer, wie ist die derzeitige Stimmung in der Stahl- und metallverarbeitenden Branche?

Das hängt vor allem davon ab, wie sich unsere Abnehmermärkte entwickeln. Im Automobilbereich erleben wir derzeit nach wie vor eine zufriedenstellende Entwicklung in allen Märkten. Es gibt ein paar Ausnahmen, etwa beim Nutzfahrzeugabsatz in Osteuropa, aber insgesamt stellt sich die Situation ganz passabel dar. Anders sieht es im Maschinen- und Anlagenbau aus. Da kann man teilweise gar nicht mehr von einer Seitwärtsbewegung sprechen, sondern vielmehr von einer Abwärtsbewegung. Diese Tendenz zeichnet sich allerdings schon seit einiger Zeit ab. In den übrigen Branchen wie der Elektroindustrie sind wir ganz optimistisch. Besonders wichtig für unsere Branche ist es, das sich in der Automobilindustrie weiterhin eine halbwegs positive Entwicklung abzeichnet.

marketSTEEL: Der größte deutsche Autobauer ist durch die Abgasaffäre und einen Zuliefererstreit zuletzt häufig in die Schlagzeilen geraten. Haben sich diese Entwicklungen bei Volkswagen negativ auf die Stahl- und Metallverarbeitende Industrie ausgewirkt?

Die VW-Abgasaffäre hat unsere Branche natürlich an der einen oder anderen Stelle tangiert. Mittlerweile ist es auf der Auftragsseite schon spürbar, aber ich würde das Thema nicht als dramatisch bezeichnen. Ein ganz anderes Thema ist der Streit zwischen Volkswagen und der Zulieferer-Gruppe Prevent. Wir sagen ganz klar: Geht fair miteinander um, dann lassen sich solche Eskalationen von vorneherein vermeiden. Denn wenn Bänder stillstehen, leiden alle darunter. Im Übrigen auch nicht direkt in den Streit involvierte Zulieferer, die dann nicht mehr liefern können. Wir stehen deshalb hinter dem 10-Punkte-Positionspapier des BDI für faire und nachhaltige Zulieferbeziehungen. Wenn man das befolgt hätte, wäre es nicht soweit gekommen.

marketSTEEL: Auf dem WSM-Stahltag war die Digitalisierung ein großes Thema. Wie sehen Sie die Entwicklung in der Branche auf diesem Gebiet?

Die Digitalisierung ist ein allgemeiner Trend, der nicht nur für unsere Branche wesentlich ist, sondern in anderen Wirtschaftszweigen schon viel länger auf der Tagesordnung steht. Auf dem WSM-Stahltag haben wir gehört, dass digitale Prozesse einen immer stärkeren Einfluss auf Handel, Verkauf und Logistik haben werden. Es geht bei der Digitalisierung also zunächst einmal darum, Prozesse effizienter zu organisieren, etwa im Lager, beim Verkauf oder bei Einkaufsbestellungen. Klöckner ist auf diesem Gebiet sehr aktiv, und wir sehen jetzt, dass sich auch andere große Händler wie Salzgitter Mannesmann Stahlhandel auf den Weg machen. Für uns als Verarbeiter wird es zukünftig interessant sein, über diese Wege zu kaufen.

marketSTEEL: Denken sie, dass der Einkauf langfristig gesehen nur noch über Online-Shops abgewickelt wird?

Das wiederum glaube ich nicht. Es wird auch immer von den Mengen abhängen. Wenn Sie etwa die erste große Verarbeitungsstufe in der Kaltwalzindustrie sehen, dann reden wir von tausenden Tonnen Stahl. Das sind sehr enge Verflechtungen zwischen den Herstellern und den Kunden, da zählt auch der persönliche Kontakt. Und die Prozesse sind so abgestimmt, dass es nicht nur digital funktionieren wird. Wo es hingegen nicht um die großen Mengen geht, wird man in Zukunft schon auf digitale Angebote zugreifen. Etwa im Automobilbereich, wenn es um spezielle Güten oder spezielle Bleche geht. Aber die digitalen Prozesse werden den menschlichen Kontakt nicht vollständig verdrängen.

Quelle: marketSTEEL  Bildtext: Der Interviewpartner Christian Vietmeyer (rechts) ist Hauptgeschäftsführer beim Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM). (Foto: marketSTEEL)

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