Forschungsprojekt für flexiblen Einsatz von Wasserstoff in Elektrostahlwerken

von Hubert Hunscheidt

Die Badische Stahlwerke GmbH (BSW) startet zusammen mit der Badische Stahl-Engineering GmbH (BSE) und der RWTH Aachen ein Forschungsprojekt. Ziel ist die Entwicklung einer neuen Brennertechnologie für den Wasserstoffeinsatz in Elektrostahlwerken. Damit möchten die Badischen Stahlwerke nicht nur ihre eigenen CO2-Emissionen noch weiter senken, sondern auch einen Beitrag zur Dekarbonisierung der gesamten Stahlbranche leisten.

Das Projekt soll über drei Jahre laufen und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Am 2. Juli trafen sich Vertreter der drei Projektpartner sowie des Ministeriums und des Projektträgers Jülich bei den Badischen Stahlwerken, um den Forschungsvertrag zu unterzeichnen.

Die Badischen Stahlwerke haben sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2045 wollen sie klimaneutral sein. Eine wichtige Basis dafür haben sie bereits geschaffen, denn durch die strombasierte Stahlproduktion erzeugt das Unternehmen aus Kehl schon heute rund 80 Prozent weniger Kohlendioxid als klassische Stahlwerke mit Hochofen. Die BSW gelten als eines der energetisch effizientesten Stahlwerke Europas. Doch die Stahlproduktion ist und bleibt energieintensiv. Auf dem Weg zur vollständigen Klimaneutralität sind die BSW daher auf den Einsatz von klimaneutralen Energien wie grünem Strom, aber auch grünem Wasserstoff angewiesen. Denn auch in einem Elektrostahlwerk gibt es Prozesse, bei denen Erdgas nicht einfach durch Strom ersetzt werden kann. Das Vorwärmen der Pfannen etwa, in denen der geschmolzene Stahl vom Schmelzofen zur weiteren Verarbeitung und schließlich zur Gießanlage transportiert wird, ist nur unter Einsatz von gasförmigen Brennstoffen möglich. Für den künftigen Einsatz von Wasserstoff allerdings sind die heutigen Erdgas-Brenner nicht ausgelegt.

Vorbereitung für künftigen Einsatz von Wasserstoff

Um sich für die Zukunft zu rüsten, starten die BSW jetzt gemeinsam mit der BSE und der RWTH Aachen ein Forschungsprojekt zur Entwicklung einer neuen Brennertechnologie, die es ermöglichen soll, Wasserstoff und alternativ auch Ammoniak – eine Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff – flexibel als Brennstoffe zu nutzen. Damit möchten die BSW den Einsatz von Erdgas künftig reduzieren oder gar vollständig vermeiden und so den Kohlendioxid-Ausstoß beim Betrieb der Pfannen erheblich senken.

„Wasserstoff ist als klimaneutraler Brennstoff von zentraler Bedeutung zur Vermeidung von CO2-Emissionen in der Beheizung unserer Prozesse“, erläutert BSWGeschäftsführer Andreas Volkert. „Doch aufgrund der Versorgungssituation ist es möglich, dass wasserstoffbasierte Brennstoffe zunächst nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und daher anfangs dem Erdgas zugemischt werden müssen. Die wechselnde Verfügbarkeit erfordert flexible Brennersysteme, die mit unterschiedlichen Brenngasmischungen umgehen können, ohne dass dies die Effizienz und Sicherheit der Anlage beeinträchtigt.“

Neue Technologie als Wegbereiter für grünen Stahl

Entwickelt wird das neue, flexible Brennersystem von der BSE, einem weltweit agierenden Anlagenbauer für die Elektrostahlindustrie und Schwestergesellschaft der Badischen Stahlwerke. Bei den BSW soll die neue Technologie dann an einer Versuchsanlage getestet und optimiert werden. Zwei renommierte Forschungsinstitute der RWTH Aachen, nämlich das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik (IOB) sowie der Lehrstuhl für Keramik am Institut für Gesteinshüttenkunde (GHI), werden den Entwicklungs- und Optimierungsprozess mit computergestützten Simulationen und praktischen Tests unterstützen. „Die zu entwickelnde Brennertechnologie ist ein Wegbereiter für die Transformation
zur Produktion von grünem Stahl“, sagt IOB-Institutsleiter Professor Wuppermann von der RWTH Aachen. „Sie garantiert nicht nur einen effizienten und schadstoffarmen Betrieb bei der vollständigen Umstellung auf Wasserstoff oder Ammoniak, sondern bietet auch auf dem Weg dorthin, wenn die Verfügbarkeit beider Gase zunächst noch begrenzt ist, große Vorteile. Denn Wasserstoff oder Ammoniak können bei dem System flexibel fossilen Brennstoffen beigemischt werden, ohne dass Anpassungen an den Anlagen nötig sein werden.“

Beitrag zur Dekarbonisierung der Stahlbranche

Sebastian Baumgartner, Geschäftsführer der Badische Stahl-Engineering GmbH, ergänzt: „Das Forschungsprojekt hat nicht nur das Potenzial, die CO2-Emissionen der Pfannenfeuer-Systeme der Badischen Stahlwerke durch den flexiblen Einsatz von wasserstoffbasierten Brennstoffen erheblich zu reduzieren. Die neue Technologie könnte auch auf das gesamte Elektrostahlwerk – beispielsweise den Schmelzofen – übertragen und über die BSE als internationalem Anlagenbauer auch für die gesamte Stahlindustrie weltweit verfügbar gemacht werden. Die Technologie kann damit einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der gesamten Stahlbranche leisten!“

Das Forschungsprojekt, das über drei Jahre laufen soll, wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Der Forschungsvertrag wurde am 2. Juli von allen Beteiligten bei den Badischen Stahlwerken unterzeichnet.

Bildtext: (v.l.): Am 2. Juli unterzeichneten Vertreter der Badische Stahlwerke GmbH (BSW), der Badischen Stahl Engineering GmbH (BSE), der RWTH Aachen, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Projektträgers Jülich bei den BSW ein Forschungsprojekt für den flexiblen Einsatz von Wasserstoff in Elektrostahlwerken. Andreas Volkert (Technischer Geschäftsführer BSW), Sebastian Baumgartner (Geschäftsführer BSE), Professor Christian Wuppermann (Institutsleiter RWTH Aachen), Florian Glück (Kaufmännischer Geschäftsführer BSW), Matthias Breithaupt (Betriebschef Stahlwerk).

Quelle: Badische Stahlwerke GmbH / Foto: Badische Stahlwerke/Michael Bode

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