Additive Fertigung erweitert Möglichkeiten von Druckgießereien

Nürnberg - Mit additiven Fertigungsverfahren haben Druckgießereien die Möglichkeit, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen und zusätzliche Technologiekompetenzen zu erwerben. Der Markt für Additive Fertigung wächst global sehr schnell und stark – und das in unterschiedlichsten Sektoren und Anwendungsbereichen. Schlüsselmärkte sind die Luft- und Raumfahrtindustrie, das Gesundheitswesen einschließlich Medizintechnik sowie die Automobilbranche. So birgt die Additive Fertigung auch für Druckgießereien ein großes Potential.

Die aus dem Prototypenbau „Rapid Prototyping“ der 1980er Jahre hervorgegangene „Additive Fertigung“ (englisch: „Additive Manufacturing“, AM) ist aus der Produktionstechnik nicht mehr wegzudenken und hat sich zu einem riesigen Markt entwickelt [1 und 2].

Die Anbieter von AM-Technologie arbeiten daran, die Leistungsstärke der Systeme zu steigern, die Prozesse effizienter zu machen und weitere Werkstoffe zu entwickeln, die sich für diese auch als „3D-Druck“ bezeichneten Verfahren eignen. Deren Prinzip besteht darin, die Daten eines virtuellen Werkstücks mit einem 3D-Drucker in ein reales Werkstück umzuwandeln. Gemäß den 3D-CAD-Daten wird ein meist pulverförmiger Werkstoff so abgelagert, dass das Werkstück nach und nach die gewünschte Gestalt annimmt.

Ein Verfahren ist das „Selektive Laserschmelzen“ (Selective Laser Melting, SLM), bei dem eine 20 bis 40 µm dicke Schicht aus Metallpulver auf eine absenkbare Platte aufgetragen und von einem Laser unter Schutzgas an Stellen, die den Werkstückkonturenentsprechen, aufgeschmolzen wird. Beim Abkühlen verfestigen sich diese Stellen. Der Vorgang wiederholt sich viele Male; nach jedem Arbeitsgang wird die Platte etwas weiter abgesenkt, so dass Schicht für Schicht das Werkstück entsteht. Die Formgebung erfolgt also durch Hinzufügen („Addieren“) von Werkstoffschichten. Als Werkstoff werden unter anderem diverse Metalle und Kunststoffe angeboten [3].

Stärken und Grenzen

Die Stärken additiver Fertigungsverfahren zeigen sich besonders dann, wenn es um Einzelstücke oder Kleinserien mit geringem Werkstoffeinsatz geht. So können Werkstücke hergestellt werden, die sich auf traditionelle Weise, zum Beispiel durch Schmieden, Gießen oder spanabhebende („subtraktive“) Verfahren, nur schwer oder gar nicht herstellen lassen, zum Beispiel Teile mit komplexer Geometrie, Hinterschnitten, Hohlräumen und inneren Strukturen.

Auch ist es möglich, Wanddicken zu variieren und so die Werkstoffmenge – und somit auch das Gewicht des Fertigteils – zu reduzieren. Vorteilhaft ist auch, dass keine Werkzeuge nötig sind. Allerdings erfordert der Einsatz additiver Verfahren relativ viel Zeit und Energie. Außerdem beeinträchtigt die verfahrensbedingte Schichtlinienstruktur die Oberflächenqualität der Fertigteile, die in der Regel auch noch nachbearbeitet werden müssen, beispielsweise, um die Stützstrukturen von der Bauplatte zu entfernen.

Druckgießereien und additive Fertigungstechniken


Additive Verfahren werden in der Gießereitechnik bereits genutzt [5]. Der Zeitaufwand, den sie erfordern, und Kostenvergleiche lassen jedoch nicht erwarten, dass diese Verfahren in absehbarer Zeit mit Druckgieß- oder anderen Gießverfahren konkurrieren werden [1, 4].

Dr.-Ing. Ioannis Ioannidis, Geschäftsführer des Druckgießmaschinen-Herstellers Oskar Frech und Vorstandsmitglied der „Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing“ im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), betrachtet vielmehr additive Technologien für Druckgießereien als  sinnvolle Ergänzung, um Dienstleistungen anzubieten und eine Geschäftserweiterung zu erreichen [6]. Mit additiven Verfahren lassen sich relativ schnell Prototypen von Druckgussteilen herstellen (Bild 1) und, falls nötig, konstruktiv optimieren. Auf diese Weise verkürzt sich die Entwicklungszeit, die zur Herstellung der Druckgießformen nötig ist.

Außerdem kann eine Druckgießerei anhand derartiger Prototypen mit einem Kunden besprechen, inwieweit sich ein zu fertigendes Druckgussteil noch optimieren lässt. Konstruktive Änderungen lassen sich ebenfalls rasch vornehmen und umsetzen.

Auch im Zusammenhang mit Druckgießformen haben additive Verfahren große Vorteile. Druckgießformen oder Teile davon wie Kerne und Schieber  davon müssen gekühlt werden, damit die abgegossenen Druckgussteile möglichst rasch erstarren, was deren Qualität und der Wirtschaftlichkeit zugute kommt, und damit die Formen thermisch nicht übermäßig belastet werden. Die Wärmeabfuhr erfolgt mit Hilfe von Kanälen, die in die Gießformen oberflächennah eingearbeitet sind und die Aufgabe haben, Kühlmedien zu führen.

Mit additiven Verfahren lassen sich Druckgießformen oder deren Einsätze mit ideal angeordneten und geformten Kühlkanälen fertigen. Die Firma Frech nutzt beispielsweise seit Jahren selbst eine SLM-Anlage, um aus einer Aluminiumlegierung Prototypen und Einsätze für Druckgießformen mit konturnahen Kühlkanälen herzustellen (Bild 2). Auch die Einzelfertigung von selten nachgefragten Ersatzteilen ist möglich.

Druckgießereien, die additive Fertigungsverfahren nutzen, können sich, abhängig von deren verfahrens- und werkstofftechnischen Besonderheiten, weitere Tätigkeitsgebiete erschließen und zusätzliche Kompetenzen aneignen. Diese Verfahren eignen sich unter anderem zur Fertigung von nicht mehr verfügbaren Teilen, beispielsweise Oldtimer-Ersatzteilen, und von Komponenten für die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Medizintechnik, die Autoindustrie und den Motorsport. Dr. Ioannidis zufolge bringt es sehr viele Vorteile, „wenn man die additive Fertigung intelligent beherrscht.“ [6]

Literaturverweise

[1] Josef Auer, Stefan Schneider: EU-Monitor. Digitale Ökonomie und struktureller Wandel. 3D-Druck: Starkes Wachstum in der Nische. Deutsche Bank Research, April 2019.

[2] David: Der 3D-Druck-Markt für Metall soll einen Wert von 11 Mrd. Dollar bis 2024 haben. Online-Magazin 3Druck.com, Juni 2019.

[3] Uwe Berger, Andreas Hartmann, Dietmar Schmid: 3D-Druck – Additive Fertigungsverfahren. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 3. Auflage 2019.

[4] Thomas J. Mueller: Welche Auswirkungen hat das 3D-Metalldrucken auf den Feinguss? In: Giesserei-Praxis 5/2019, S. 42-46.

[5] Rolf Roller et al.: Fachkunde Gießereitechnik. Technologie des Formens und Gießens.
Verlag Europa-Lehrmittel, 8. Auflage 2016, Kapitel 8.9: Additive Fertigungsverfahren, S. 400-404

[6] Ioannis Ioannidis: Additive Manufacturing bietet Druckgießern große Chancen! In: Giesserei, Heft 11/2017.


Die Fachmesse EUROGUSS 2020

Einen Einblick in den Stand der Druckgießtechnik und Anregungen, wie Druckgießereien ihre Marktstellung stärken und ausbauen können, aber auch rund um Ressourceneffizienz und Umweltschutz, gibt die Internationale Fachmesse für Druckguss EUROGUSS, die vom 14. bis zum 16. Januar 2020 in Nürnberg stattfindet. Zur EUROGUSS-Familie gehören neben der EUROGUSS die außereuropäischen Druckguss-Fachmessen China Die Casting, Alucast in Indien, EUROGUSS Asia Pacific in Thailand und EUROGUSS Mexico.

Quelle: EUROGUSS / NürnbergMesse GmbH 

Vorschaubild und Beitragsbild oben: Frank Druckguss, Georg Frank GmbH
Beitragsbild unten: Oskar Frech GmbH & Co. KG

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